Trotz Lockerungen stellt das Coronavirus Singles vor Fragen.

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Wochenlange Selbstisolation hat vor allem alleinlebende Menschen in eine lange Zeit der Einsamkeit geführt. Singles mussten in den vergangenen Wochen Treffen mit potenziellen Partnern aufgeben, Plattformen wie Tinder und Co waren plötzlich nur mehr zum Chatten da. Und auch das fehlende Ausleben der Sexualität lässt sich quantifizieren: So berichten zahlreiche Pornografieplattformen von einem massiven Anstieg ihres Internetverkehrs. "Sie vertreiben die Langeweile genauso gut wie Netflix-Serien", sagt die Sexualtherapeutin Nicole Kienzl dazu zum STANDARD. "Sex hat immer eine positive Wirkung auf den Körper und auf die Psyche." Er sei eine wichtige Ressource, die gerade in Krisensituation vermehrt genutzt werde – auch zum Stressabbau.

Auch für Paare schwierig

Doch auch wenn sie weniger einsam sind, heißt das nicht, dass die vergangenen Wochen leicht für Paare waren: Zwar sei gesellschaftlich der Gedanke verankert, dass Nähe gut und Abstand schlecht ist, "die Kunst einer Beziehung ist aber das Ausloten beider Pole", sagt Kienzl. Schließlich haben Paare auch jenseits ihrer Beziehung ein Privatleben, waren aber nun dazu gezwungen, in ständiger Nähe zu bleiben. Gerade bei Paaren, die bereits zuvor ungelöste Konflikte hatten, sei die Gefahr groß, dass es nun zu Trennungen gekommen ist oder kommen wird.

Kein Impfstoff

Für Singles ist allerdings die Zukunft ungewiss: Denn solange es keinen Impfstoff für das Coronavirus gibt, gilt es, von fremden Personen Abstand zu halten und Veranstaltungen mit einer größeren Personenzahl zu meiden. Dadurch sind die Möglichkeiten, Partner zu finden, beschränkter. "Ich denke, dass allgemein viele Menschen sich und ihr Leben in der Krisenzeit hinterfragen werden – ob sie wirklich so leben, wie sie das möchten, oder nur einen Kompromiss leben", sagt Kienzl.

Das gelte auch für Singles, die so viel Zeit alleine verbringen mussten. "Wächst hier die Sehnsucht nach Zweisamkeit, oder können sie die Zeit alleine zur Entspannung gut nutzen?" Eine Phase erzwungener Isolation und Abstinenz wecke die Lebenskräfte und die Sehnsucht nach Körperlichkeit.

Dating auch ohne Impfstoff

Daher denkt sie, dass Menschen weiterhin das Bedürfnis haben würden zu daten – auch wenn es keinen Impfstoff gibt. Kienzl empfiehlt Singles, ihre aktuellen Erfahrungen für die eigene Entwicklung wahrzunehmen. Es könne gut sein, dass das, was ihnen an Gefühlen entgegenkomme, nicht immer angenehm ist, aber daraus könne die Motivation entstehen, neue Wege zu gehen. "Aber auch seine Selbstliebe (weiter) zu entwickeln, sich für sich selbst Zeit zu nehmen, sich selbst zu erkunden." (muz, 3.5.2020)