New York calling.

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Wenn um zwei Uhr früh das Telefon läutet, verheißt das selten Gutes: "Mama, kannst du mich abholen?" oder: "Mir haben’s das Geldbörsel gefladert!". Umso überraschender sind dann schon frühmorgendliche Anrufe wie dieser: "Gratuliere, Sandro, du kommst in der NFL unter."

Die NFL, das ist die National Football League der USA. Sandro, das ist der 23-jährige Tiroler Sandro Platzgummer. Und der Anruf, der kam in der Nacht auf Sonntag. Am Montag folgte die Aufklärung, welches Team den Runningback holt: die New York Giants, zuletzt 2011 Super-Bowl-Sieger.

Das ist durchaus eine Sensation. Seit dem Karriereende von Raimund "Ray" Wersching 1987 hat kein Österreicher mehr in der NFL gespielt. Platzgummer wäre überhaupt erst der vierte – und der erste, der nicht auf der Position des Kickers spielt. Der wieselflinke Läufer glänzte bisher für die Swarco Raiders Tirol auf Europas höchster Ebene, direkte Wechsel in die umsatzstärkste Sportliga der Welt waren aber auch da bisher kaum denkbar. Talente sporteln als Zwischenschritt normalerweise einige Jahre an einer US-Uni. Platzgummer studiert Medizin in Innsbruck – bekanntlich nicht in den USA gelegen.

Der Weg und der Name

Dass die NY Giants trotzdem auf den 23-Jährigen aufmerksam wurden, verdankt er dem International Pathway Program. Das IPP war ein zweimonatiges Trainingslager in Florida, die neun Teilnehmer mussten im März wegen Corona verfrüht zurück in die Heimat. Vier von ihnen wurden nun NFL-Teams zugewiesen.

Der weitere Weg wird zäh: Der Runningback steht im Vorbereitungskader und kann sich im Sommertraining für einen Platz im finalen 53-Mann-Kader empfehlen. Da er via IPP zum Team kam, gibt es für ihn zumindest einen Extraplatz im Zehn-Mann-Trainingskader.

Ein normales Kapperl für Sandro Platzgummer, ein großes Kapperl für Österreichs Footballgeschichte.

Den Namen Platzgummer verbindet man in Tirol eher mit Juristen, aber auch Football liegt in der Familie: Bruder Adrian gewann Austrian Bowls, Schwester Patricia ist bei den Raiders Cheerleaderin. Mit sechs Jahren bekam Sandro das Eierlaberl in die Hand gedrückt. "Bei Turnen und Fußball war zu wenig Körperkontakt für mich", sagt er.

Wann Platzgummer nun zu den Giants stoßen kann, ist unklar. Während der Zeit in Florida war auf seinem Instagram-Account neben harten Trainingseinheiten auch regelmäßig die Sehnsucht nach der Freundin in der Heimat Thema. Mag sein, dass da einige Anrufe um zwei Uhr früh bevorstehen. (Martin Schauhuber, 28.4.2020)

Es hat sich ausgezahlt.