Es sind vielfach besternte und behaubte Köche, die Robert Stark dieser Tage zum Mitnehmen vorbereitet hat. Der Mann ist eigentlich Weinhändler und beliefert manche der besten Wirte des Landes mit Flüssigstoff. Zurzeit halt bloß in der Theorie.

Nur: Statt demütig auf den Exitus zu warten, hat er sich etwas überlegt. Ein leerstehendes Lokal im Servitenviertel wurde auf Take-away-Pop-up umgemodelt, die famosen Weine von Nador, Projekt Höll im Spitzer Graben, von St. Gall und anderen gibt es zu sehr attraktiven Mitnahmepreisen. Vor allem aber will Stark den Raum seinen eigentlichen Kunden, den Wirten, widmen.

Nachschlichten bitte! Robert Stark hatte eine tolle Idee, deshalb neigt er dieser Tage zu erhöhter Mobilität.
Foto: Gerhard Wasserbauer

Viele sind dem Angebot gefolgt, sich in bester bürgerlicher Lage in den Kühlschrank stellen zu lassen. Alexander Mayer etwa tut dies in einer klassischen Doppelrolle: einerseits als zimtschwangere Lamm-Tajine von geradezu weihnachtlicher Wucht mit geschälten Mandeln, Dörrmarillen und Perlzwiebeln, andererseits als herrlich bissiges, chilifruchtiges (aber nur sehr dezent feuriges) Chili con Carne mit dreierlei (!) Bohnen und Mais (?), bei dem man zu dieser Jahreszeit besser nicht fragt, woher der Kolben geflogen kam. Dass ein Produktfetischist im Endstadium wie Mayer sich mit Körndln aus dem Tiefkühler (oder, völlig jenseitig, gar aus der Konserve) zufriedengäbe, gilt unter stadtbekannten Auskennern nämlich als unvorstellbar, noch dazu in einem Glasl um beiläufig elegante 22 Euro.

Juan Amador, offiziell der Tollste unserer Köche, hat angekündigt, ab dieser Woche ebenfalls mit dem einen oder anderen Einmachgläschen für Sternenstaub im Kühlregal zu sorgen. Bei Redaktionsschluss aber harrte man noch konkreterer Hinweise aus den umwölkten Höhen des Olymps. Mraz und Sohn, die Zweisterner aus dem Zwanzigsten, sind dafür mit einem Gericht vertreten, das es zu transgermanischer Berühmtheit gebracht hat: dem Reisfleisch des Herrn Papa, das in einer Folge des Quotenhits Kitchen Impossible als Mraz’sches Personalessen verkostet und vom hingerissenen Filmteam prompt mit einer Spezialsendung belohnt wurde.

Paprizierte Fischsuppe von Jürgen Csencsits.
Foto: Gerhard Wasserbauer

Kann man nachvollziehen, und zwar trotz (oder auch wegen?) der für Take-away nicht unaufwendigen Nachbereitung: Der Inhalt des Glases, mit Abstand das größte im Stark-Kühlschrank, muss vor Verzehr aufgewärmt, dann die Fleischbrocken herausgefischt, ein mitgeliefertes Säckchen Reis eingerührt und gut 15 Minuten weichgedünstet werden, bevor das Fleisch wieder reinkommt. Grüner Salat dazu ist Pflicht (laut Glasaufschrift gefälligst mit "Wiener Marinade"). Den muss man sich selbst checken und anmachen, Parmesan ist optional.

Was soll man sagen? Ein Monument von einem Reisfleisch, das da plötzlich auf dem eigenen Herd ersteht, prachtvoll patzert und papriziert, dicht, kümmelig wie eine Wiese im August und, vor allem, mit Fleischbrocken von der Schweinsschulter, die schon bei der deutschen TV-Crew für andächtiges Grauen gesorgt haben. Weil mitsamt Schwartl und gut drei Zentimetern Speckschicht hergewürfelt – nicht ganz das, was der Onkel Doktor nach dem Homeoffice verschrieben hat. Na und? So saftig war Reisfleisch ewig nicht mehr. Man muss halt hoffen, dass Stark einen Wein mit entsprechendem Muskel dazupackt. Und ned nur a Flascherl!

Wildlachskaviar ums Eck

Vom Ludwig Van kommt massiv köstliches Bruckfleisch, Philip Rachinger und die Mochis sind noch am Tüfteln, Jürgen Csencsits – lange Walter Eselböcks Küchenchef im Taubenkobel – steuert aus dem Südburgenland fantastischen Maibock, duftigst paprizierte Fischsuppe (wirklich wahnsinnig gut, siehe Bild) und veganes Spargelragout bei. Wer dann noch Platz im Einkaufssackerl hat, muss einmal ums Eck in die Servitengasse. Bei Delikatessen König gibt es nicht nur weitere Gläser, etwa die besten Flageolet-Bohnen in Entenfett aus Südwestfrankreich, sondern auch – nicht pasteurisierten – Wildlachskaviar von ebendort. Der ist zwar nur für jene, denen die Marie in dieser Krise eh schon wurscht ist, aber auch jeden Cent wert. (30.4.2020)

Update 30.4. 18:00: Das Marktamt macht laut Berichten aus der Branche derzeit großflächig Razzias bei der ums Überleben kämpfenden Gastronomie. Wer Essen in Gläsern anbietet, bekommt gravierende Konsequenzen angedroht, offenbar wegen fehlender Konzessionen für die Haltbarmachung von Speisen. Robert Stark hat deshalb beschlossen, die Gläser der hoch dekorierten Köche einstweilen nicht mehr in den Verkauf zu geben. Sie werden dem Vernehmen nach aber ohne Bezahlung ausgegeben. Freiwillige Spenden, die den Köchen in dieser existenziellen Krise zugutekommen, sind willkommen.

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