So klar wie das Plexiglas beim Auftritt von Kanzler Kurz (ÖVP) und seinem Vize Kogler (Grüne) ist das geplante Konjunkturpaket noch nicht.

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Es war ein Auftakt, der nur sehr akzentuiert die nächsten Schritte der türkis-grünen Regierung skizzierte. Ab Mai werden die Ausgangsbeschränkungen hierzulande gelockert. Die Menschen in Österreich sollen aber nicht nur mit einem Mindestabstand von einem Meter nach längerer Zeit wieder ein paar ihrer Freunde treffen und ab und zu in ein Restaurant gehen, sie sollen die kriselnde Wirtschaft stärker ankurbeln. Neben den 38 Milliarden Euro schweren Wirtschaftshilfen werden nun drei weitere Maßnahmen vorbereitet.

Bei einer Pressekonferenz präsentierten Kanzler Sebastian Kurz (ÖVP) und sein Vize Werner Kogler (Grüne) hinter Ganzkörper-Plexiglasscheiben vorerst aber nur eine lose Punktation der Pläne für die nächsten Wochen.

Aus der Krise "rausinvestieren"

Erstens: Eine Steuerentlastung soll wie im türkis-grünen Regierungsprogramm geplant kommen. Wie genau diese aussehen wird, blieb offen. Kogler erklärte, dass eine stärkere Entlastung der unteren Einkommen die Wirtschaft durch den Konsum ankurbeln könnte. Geplant war vor der Krise eine Tarifreform von insgesamt vier Milliarden Euro in den nächsten beiden Jahren.

Wie schon bei seiner Rede zum 75-Jahre-Republikjubiläum erklärte der ÖVP-Chef die Entlastung damit, dass vor allem jenen mehr zum Leben bleiben soll, die für gewöhnlich "nicht den größten Bonus bekommen", aber gerade während der Corona-Krise als Stütze sichtbar wurden. Am Montag nannte Kurz hier unter anderem Pflegekräfte, Sicherheitspersonal oder Supermarktmitarbeiter.

Zweitens: Die Regierung setzt auf eine weitere Entlastung der Wirtschaft, jedoch ohne konkret zu werden. Arbeitsplätze will man damit halten und gleichermaßen schaffen. Kogler strich heraus, dass die Unternehmen entlastet werden sollen, "die in Österreich Steuern zahlen".

Klimaschutz wird wieder ein Thema

Drittens: Man will sich aus der Krise mit Steuergeld "rausinvestieren", wie es der Chef der Grünen ausdrückt. Sowohl im Statement des Kanzlers als auch des Vizekanzlers nahm die Ökologisierung dabei eine zentrale Rolle ein. Das kam wohl nicht von ungefähr.

Noch vor eine Woche sorgte ein Vorstoß des Vorarlberger Landeshauptmanns Markus Wallner (ÖVP) für innerkoalitionäre Irritationen und Neuwahlgerüchte. Wallner deutete in einem Zeitungsinterview an, dass das türkis-grüne Regierungsprogramm durch die Corona-Krise neu geschrieben werden müsse und es zu "Verschiebungen" bei ökologischen Fragen komme werde.

Die Priorität des Klimaschutzes bei der Krisenbewältigung dürfte den Grünen nicht nur ihr zentrales Thema wieder zurückbringen. Auch ihre Umweltministerin Leonore Gewessler würde damit wieder etwas mehr in den Vordergrund rücken. Während der Corona-Krise wurde es still um die ehemalige politische Geschäftsführerin von Global 2000. Im Interview mit dem STANDARD tat Gewessler bereits kund, dass Geld zur Konjunkturbelebung auch dem Klimaschutz nutzen müsse.

Auch Kogler sagt bei der Pressekonferenz: "Ja, Klima- und Umweltschutz schafft auch Arbeitsplätze." Die thermische Gebäudesanierung beispielsweise hätte große Arbeitsplatzeffekte.

"Ungesunde" Globalisierung

Aber die Ökologisierung soll nur ein Baustein bei den Investitionen sein. Steuergeld soll neben der Digitalisierung vor allem auch in die Regionalisierung fließen. Aus Sicht von Kogler wurde durch die Corona-Krise sichtbar, dass "diese Art der Globalisierung zu Abhängigkeiten führt, die im vielfachen Sinn des Wortes ungesund sind". Österreich solle künftig voranschreiten, wenn es darum geht, Produktionen in Europa zu halten, zurückzuholen oder neu aufzubauen. Das betrifft aus Sicht des Vizekanzlers etwa Gesundheits- und Medizingüter, aber auch die Ernährungs- und Lebensmittelsicherheit. Bei Letzterem kann sich Kogler vorstellen, regionale Produkte zu begünstigen "und andere gemessen an ihrem CO2-Gehalt zum Beispiel entsprechend zu benachteiligen".

Detailpläne werden in den nächsten zehn Tagen mit den Ländern, Sozialpartnern, Leitbetrieben, Städte- und Gemeindevertretern sowie mit der Opposition ausgearbeitet, erklärte Kurz. Konkretes wird also erst folgen.

Opposition fordert mehr Details

Konkretes hätte sich auch die Opposition erwartet. Sie hat fehlende Details im angekündigten Konjunkturpaket moniert. "Die Regierung hat keinen einzigen konkreten Vorschlag gebracht, was sie gegen die Rekordarbeitslosigkeit mit 600.000 Betroffenen tun wird und wie die Betriebe mit 1,1 Millionen ArbeitnehmerInnen in Kurzarbeit wieder hochfahren sollen," sagte SPÖ-Wirtschaftssprecher Christoph Matznetter laut Aussendung. FPÖ-Klubobmann Herbert Kickl beklagte ebenfalls, dass "keine einzige Zahl, kein Entlastungsvolumen und kein Datum" genannt worden seien. Für NEOS-Budget- und Finanzsprecherin Karin Doppelbauer seien "schöne Ankündigungen in Pressekonferenzen" nicht genug. (Jan Michael Marchart, 30.4.2020)