Ungarns Kanzleiminister Gergely Gulyás fordert eine Entschuldigung von EVP-Chef Tusk.

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Budapest/Brüssel – Ungarn erwartet eine Entschuldigung von EVP-Chef Donald Tusk wegen seiner Kritik am ungarischen Corona-Notstandsgesetz. Das betonte Kanzleiminister Gergely Gulyás am Donnerstag in Budapest. Die Forderung begründete der Minister damit, dass laut Europäischer Kommission die Pandemiemaßnahmen im Einklang mit den Regelungen der Union stünden.

Diesen Einklang habe die Vizepräsidentin der Kommission, Věra Jourová, am Mittwoch bestätigt. Der Kanzleiminister bezeichnete es als "besorgniserregend", dass es in der EVP, der europäischen Parteienfamilie der ungarischen Regierungspartei Fidesz, Vertreter gebe, die "Stimmung machen gegen Ungarn". Es sei besonders traurig, dass EVP-Chef Tusk zu ihnen gehöre, kritisierte Gulyás.

16 der 27 EU-Regierungen zeigten sich besorgt

Die EU-Kommission hatte trotz massiver Kritik beschlossen, zunächst nicht gegen das ungarische Notstandsgesetz vorzugehen. Die Kommission habe das Gesetz gelesen, und "es gibt noch keinen Grund, ein Vertragsverletzungsverfahren zu starten", sagte Jourová am Mittwoch in Brüssel und betonte, diese Entscheidung gelte für den Moment. Sie erinnerte weiter daran, dass ein EU-Rechtsstaatsverfahren nach Artikel 7 des EU-Vertrags gegen Ungarn laufe.

Ende März ließ sich der rechtsnationale Premier Viktor Orbán im Parlament mit Sondervollmachten ausstatten. Mit diesen kann er zur Bekämpfung der Covid-19-Pandemie auf unbestimmte Zeit per Dekret regieren. Kritiker sprachen von einer Ausschaltung des Parlaments. Das Gesetz löste heftige Proteste aus. 16 der 27 EU-Regierungen zeigen sich in einer gemeinsamen Erklärung besorgt. EVP-Chef Tusk hatte erklärt, er wolle die Fidesz-Partei noch heuer aus der EVP ausschließen, denn das Gesetz habe "mit dem Geist der Demokratie nichts mehr zu tun". Die EVP-Mitgliedschaft der Orbán-Partei ruht seit einem Jahr. (APA, 30.4.2020)