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München – 19 Anwälte von Angehörigen der NSU-Opfer haben nach Vorlage des schriftlichen Urteils gegen die Rechtsterroristin Beate Zschäpe mit dem Münchner Oberlandesgericht (OLG) abgerechnet. In einer schriftlichen Stellungnahme, die sie nun veröffentlichten, werfen sie den Richtern eine "hässliche Gleichgültigkeit" gegenüber den Nebenklägern vor und beklagen ein "Versagen des Rechtsstaats".

"Der Rechtsstaat hat die Opfer des NSU-Terrors im Stich gelassen", heißt es in dem Papier. Das Urteil sei "formelhaft, ahistorisch und kalt", es sei eine Fortschreibung der Missachtung des Gerichts gegenüber den Opfern des "Nationalsozialistischen Untergrunds". "Es ist ein Mahnmal des Versagens des Rechtsstaats", der die Angehörigen jahrelang kriminalisiert und nun endgültig im Stich gelassen habe.

Das Gericht hatte kürzlich sein schriftliches Urteil gegen Zschäpe und vier Mitangeklagte vorgelegt, fast zwei Jahre nach der mündlichen Urteilsverkündung am 11. Juli 2018. Zschäpe war am Ende des mehr als fünfjährigen Mammutverfahrens um die Morde und Anschläge des NSU zu lebenslanger Haft verurteilt worden – auch wenn es keinen Beweis gibt, dass sie selbst an einem der Tatorte war. Sie lebte aber fast 14 Jahre lang mit ihren Freunden Uwe Mundlos und Uwe Böhnhardt im Untergrund – in dieser Zeit ermordeten diese neun Gewerbetreibende türkischer und griechischer Herkunft sowie eine Polizistin. Das Gericht verurteilte Zschäpe als Mittäterin an allen Morden des NSU. (APA, 1.5.2020)