Händehygiene ist einer der Bereiche, auf die ein Arbeitgeber achten muss.

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Wenn in den nächsten Wochen Corona-Maßnahmen gelockert werden und Arbeitnehmer aus dem Homeoffice in den Betrieb zurückkehren, müssen Unternehmen darauf achten, dass ihre Mitarbeiter sich nicht infizieren. Doch die Vorgaben der Regierung für diese Aufgabe sind unklar, warnt die Arbeitsrechtsexpertin Kristina Silberbauer.

An Handlungsempfehlungen fehlt es nicht. Auf den Webseiten des Arbeitsinspektorats (arbeitsinspektion.at) und der AUVA (auva.at) finden sich seitenweise Tipps. Aber welche Maßnahmen für wen verpflichtend sind, ist diesen Informationen nicht zu entnehmen.

Die Bereiche, die ein Arbeitgeber beachten muss, betreffen etwa

  • Händehygiene,
  • räumliche Maßnahmen wie die Errichtung von Trennscheiben oder vergrößerte Abstände zwischen den Arbeitsplätzen,
  • persönliche Schutzausrüstung wie Gesichtsmasken,
  • eine Umorganisation der Arbeitsabläufe mit neuen Arbeitszeitmodellen, damit weniger Mitarbeiter gleichzeitig am Arbeitsplatz sind und persönliche Besprechungen vermieden werden können und
  • eine längerfristige Ermöglichung von Teleworking.

Dafür sind rechtliche Grundlagen wie Homeoffice-Vereinbarungen und Betriebsvereinbarungen zu schaffen. Das Personal muss über den neuen Umgang miteinander und die Hygienevorschriften informiert werden, die Einhaltung muss kontrolliert werden, und es muss Beschwerdemöglichkeiten geben. Psychische Gefahren, vor allem durch Homeoffice-Arbeit, müssen evaluiert und eingedämmt werden. Die Fürsorgepflicht des Arbeitgebers geht im österreichischen Arbeitsrecht sehr weit.

Ein oder zwei Meter Abstand

Gleichzeitig muss das Unternehmen beachten, was wirtschaftlich tragbar ist – diese Entscheidung ist schwierig. So schreibt die AUVA auf ihrer Webseite: "Vergrößern Sie, wenn möglich, den Abstand zwischen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern am Arbeitsplatz – mindestens ein, wenn möglich zwei Meter Abstand zu anderen Personen halten." Ob "wenn möglich" die technische Machbarkeit oder die finanzielle Zumutbarkeit meint, sei offen, sagt Silberbauer.

Dies bringt Führungskräfte in eine Zwickmühle: Kommt es aufgrund unternehmerischer Fehlentscheidungen zur Verbreitung des Virus am Arbeitsplatz, kann der Dienstgeber dafür haftbar gemacht werden und muss sogar mit strafrechtlichen Folgen rechnen. Doch aufwendige Schutzmaßnahmen können sich viele Unternehmen in der Krise gar nicht leisten, und sie wären dann gezwungen, den Betrieb einzustellen.

Silberbauer: "Auch hier stellt sich die Frage: Zählt Wirtschaft oder Gesundheitsschutz mehr? Die Beantwortung den Wirtschaftstreibenden zu überlassen ist eine Zumutung. Klare rechtliche Vorgaben sind unbedingt nötig, ein Appellieren an den Hausverstand reicht nicht, wo später Gerichte entscheiden." (Eric Frey, 2.5.2020)