Die chaotische Ausreise tausender Urlauber aus den Tiroler Wintersportarten in St. Anton und dem Paznauntal am 13. März hatte üble Nachwehen in ganz Europa.

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Das Handeln der Tiroler Gesundheitsbehörden sowie der verschiedenen zuständigen Bezirkshauptmannschaften in den ersten Wochen der Coronavirus-Krise in Österreich wirft weiter Fragen auf. Laut "Profil"-Recherchen leitete das österreichische Gesundheitsministerium bereits am 5. März um 15.37 Uhr eine weitere Mail an die Tiroler Behörden weiter, aus der nicht nur hervorgeht, dass infizierte Urlauber bereits am 29. Februar nach Island zurückgekehrt sind. Erstere wurde den Tiroler Behörden bereits um 00.32 Uhr am selben Tag übermittelt.

In dieser zweiten Mail enthalten waren laut "Profil" allerdings die Daten jener fünf Hotels, in denen die infizierten Ischgl-Rückkehrer nächtigten. Entgegen dem Handeln nach dem ersten bekannten Coronavirus-Fall im Innsbrucker Hotel Europa Ende Februar wurden aber offenbar nicht alle Personen getestet, die mit den Urlaubern zu tun hatten. Lediglich bei einer Angestellten mit grippeähnlichen Symptomen sei ein Test vorgenommen worden und das Ergebnis sei negativ ausgefallen, berichtete ein Hotelier dem "Profil". Und das obwohl bereits bekannt war, dass auch scheinbar gesunde Personen das Virus bereits in sich tragen können.

Laschere Reaktion?

Warum in den betroffenen Gemeinden damals nicht alle Personen getestet wurden, die mit infizierten Personen Kontakt hatten, beantwortete das Gesundheitsministerium (BMSGPK) Ende März dem STANDARD in einer Anfragebeantwortung so: "Wie mit Kontaktpersonen umzugehen ist, regelt der Erlass des BMSGPK vom 28. Februar 2020. Dabei wird unterschieden nach Hochrisiko-Exposition, Niedrigrisiko-Exposition und Reiserückkehrern aus Risikogebieten und jeweils ein Vorgehen definiert. Dabei wird auch vorgegeben, wann jemand bescheidmäßig abzusondern ist."

Grundlage dafür seien das Epidemiegesetz von 1950, das Covid-19-Maßnahmengesetz und die diversen Verordnungen und Erlässe durch das Ministerium. Stets betont wird dabei: "Fachlich entscheidend ist dabei die Einschätzung der lokalen Gesundheitsbehörde." Bleibt die Frage, ob die Landessanitätsdirektion oder die BH Landeck keinem der Angestellten eine Hochrisiko-Exposition attestierte. Erste Schließungen wurden erst am 9. März gegen die Bar Kitzloch verhängt, als 16 Tests in Quarantäne befindlicher Mitarbeiter und Kontaktpersonen positiv ausfielen. Tags zuvor hieß es seitens der Landessantätsdirektion aber noch: "Eine Übertragung des Coronavirus auf Gäste der Bar ist aus medizinischer Sicht eher unwahrscheinlich."

Warum aber letzten Endes die für Ischgl zuständige Landecker Bezirkshauptmannschaft Kontaktpersonen kaum testete und tausende Urlauber ungetestet am 13. März abreisen ließ – also durchaus laschere Maßnahmen, als das Magistrat in Innsbruck ergriff –, wird wohl auch noch die Untersuchungs-/ExpertInnenkommission beschäftigen, die die im Landtag vertretenen Tiroler Parteien im Landtag geschlossen einsetzen wollen.

Keine Reaktion aus Norwegen

Klar ist jedenfalls, dass am 5. März im Rahmen des SKKM, des Staatlichen Krisen-und Katastrophen-Managements, also dem Krisenstab, alle wichtigen Ministerien, inklusive Bundeskanzleramt und Gesundheitsministerium, über den Fall der isländischen Ischgl-Urlauber von den Tiroler Behörden gebrieft wurden – in welchem Ausmaß, ist freilich unklar.

Nachdem am 8. März aber auch Norwegen über das ECDC-Frühwarnsystem Österreich über 15 Fälle aus Ischgl unterrichtet hatte, forderte das Gesundheitsministerium ebenfalls Namen, Hotels und Reisedaten an. Man habe aber "keine Antwort von Norwegen" erhalten und diese Informationen frühmorgens am 9. März an die Landessanitätsdirektion Tirol weitergeleitet, so das Büro des Gesundheitsministers. "Zu dieser Zeit waren die Tiroler Behörden über die zuvor erfolgten Meldungen aus Island schon mit der Abklärung Ischgl beschäftigt", heißt es dazu. (Fabian Sommavilla, 4.5.2020)