Das Oststeirische Hügelland, bekannt als Thermenregion, Wein- und Apfelanbaugebiet, Steirisches Vulkanland und berühmt für sein Kernöl, galt schon immer als idyllische, aber auch geologisch interessante Landschaft. Daher ist es nicht verwunderlich, dass der junge Geologe Artur Winkler von dieser Gegend fasziniert war und sie zu seinem beruflichen, aber auch familiären Lebensmittelpunkt wählte. Gerade die Vulkane am Ostrand der Alpen und die einzigartige Riedellandschaft mit ihren typischen schmalen und langgestreckten Hügeln und charakteristischen, weit verfolgbaren Verebnungsniveaus begleiteten ihn sein gesamtes wissenschaftliches Leben.

Schließlich mündeten die langjährigen Geländeerfahrungen in der südlichen Steiermark in sein 1957 erschienenes Hauptwerk "Geologisches Kräftespiel und Landformung". Das Leben des Verfassers dieses heute noch viel studierten und zitierten Buches über (geologisch) junge Gebirgsbildung und Morphogenese überspannt mehrere wichtige politische Stationen von der Habsburger-Monarchie zum modernen Österreich: Als Kind des Fin de Siècle erlebte er, am Krieg teilnehmend, den Zerfall der Monarchie und hatte zur Zeit des Austrofaschismus, aber auch während und nach dem 2. Weltkrieg aufgrund seiner parteipolitischen Zugehörigkeit als illegales Mitglied der NSDAP mehrere Einbrüche in seinem wissenschaftlichen Leben zu verantworten. [1]

Bombardement des Hermada, vom Observatorium der Cantiere Navale Triestino Monfalcone aus gesehen. Als in der elften Isonzoschlacht es Arthur Winkler sen. mit seinem Korps trotz Übermacht der feindlichen Italiener gelang, den Monte Ermada bei Görz zu verteidigen, wurde ihm für seine militärische Leistung das Prädikat Hermaden als erblicher Adelsname verliehen.
Foto: Günther Bernhard, Universität Graz

130. Geburtstag

Artur (Arthur) Winkler, der sich ab 1921 Winkler-Hermaden nannte, kam am 8. Mai 1890 als Sohn des Offiziers Arthur Winkler (1858–1934), der für seine militärischen Leistungen 1917 mit dem Prädikat von Hermaden ausgezeichnet wurde, und der Emma, geborene Hofmann von Wellenhof (1864–1940), in Wien zur Welt. Die ersten sechs Gymnasialjahre verbrachte er in seiner Heimatstadt, ehe er an das deutsche Staatsgymnasium in Pilsen wechselte, wo er 1909 maturierte. Bereits während der Schulzeit interessierte er sich für die Entstehung von Landschaft. Ab 1909 studierte er Naturwissenschaften an der Universität Wien. Eine Exkursion in die Alpen ließ ihn schließlich zur Geologie tendieren. Nach Ableistung des Einjährig-Freiwilligenjahrs bei den Tiroler Landesschützen 1910/11 setzte er sein Studium in Wien fort, ehe er das Sommersemester 1912 an der Universität Graz verbrachte, wo er seine Kenntnisse über die Geologie des Steirischen Randgebirges und des Steirischen Beckens erweiterte. 1914 wurde er zum Dr. phil. promoviert. Die Steiermark sollte auch aus privaten Gründen zu seinem Lebensmittelpunkt werden. 1919 heiratete er Helene Magdalena Kobula (1892–1965), die Besitzerin von Schloss Kapfenstein. 1920 kam Sohn Burkhart zur Welt, der ab den 1950er-Jahren wesentlich an der Gründung der Oststeirischen Weinbaugenossenschaft beteiligt war und 1975 den Landesweinbauverband Steiermark ins Leben rief.

Von der Studierbank an die Front

Nur wenige Wochen nach seiner Promotion wurde Winkler zum Militärdienst eingezogen. Er diente als Frontoffizier bei diversen Truppenkörpern auf fast allen Kriegsschauplätzen. Am italienischen Kriegsschauplatz ab Herbst 1916 und am Isonzo befasste er sich neben dem Militärdienst mit geologischen Studien. Der Krieg zwang die Geologen generell, von ihrer theoretisch-wissenschaftlichen Sichtweise abzugehen und sich praxisbezogenen Themen zuzuwenden. Besonders wichtig wurden Fragen zum Stellungs- und Kavernenbau, zur Errichtung befestigter Verkehrswege und Seilbahnen zur Nachschubversorgung, die Sicherstellung der Wasserversorgung oder die Bereitstellung von geologischem Kartenmaterial. Hierfür benötigte man sogenannte "Kriegsgeologen", die ab März 1918 in eigenen Kursen im Institut für Forstliche Standorte an der Hochschule für Bodenkultur in Wien ausgebildet wurden. Winkler kommandierte nach Absolvierung eines Kurses ab April 1918 eine Kriegsgeologengruppe der Kriegsvermessung 5 am Isonzo und in Friaul.

Das Hauptwerk.
Foto: Martin Groß, Universalmuseum Joanneum, Graz

Eine berufliche Karriere trotz brauner Stolpersteine [2]

Winkler wurde im März 1915 in die Geologische Reichsanstalt aufgenommen, seine geologische Aufnahmetätigkeit begann er jedoch erst nach Kriegsende in der Südoststeiermark. 1921 erhielt er die Venia legendi für Geologie, 1923 wurde er zum Assistenten an der Geologischen Bundesanstalt ernannt. Seine Karriere wurde mit der Ernennung zum Geologen und 1931 zum Chefgeologen gekrönt. 1933 trat er der NSDAP bei, Ende Juli 1934 wurde er verhaftet, da er trotz Verbots wohl mit nationalsozialistisch gesinnten Personen in Kapfenstein in Verbindung getreten ist.[3] Eine Haftstrafe von 180 Tagen im Anhaltelager in Waltendorf bei Graz folgte. Dadurch verlor er 1935 seine Anstellung an der Geologischen Bundesanstalt. "Aus Gründen des öffentlichen Wohles" entzog man ihm auch die Lehrbefugnis. Mehrere Versuche, an einer Universität in Deutschland unterzukommen, scheiterten. Von Dezember 1935 bis September 1937 hielt sich Winkler-Hermaden als Sachbearbeiter an der staatlichen Lagerstättenforschungsstelle Leipzig-Freiberg über Wasser. Dort begann er im Sinne nationalsozialistischer Interessen an einem möglichen "Anschluss" Österreichs an Hitler-Deutschland für die wirtschaftliche Bedeutung österreichischer Kohlelagerstätten zu arbeiten. Anfang April 1938 wurde er als Chefgeologe an der "Zweigstelle Wien der Reichsstelle für Bodenforschung", der vormaligen Geologischen Bundesanstalt, wiedereingestellt." [4]

Hier setzte er seine wirtschaftlichen Studien zu den österreichischen Kohlegebieten fort. Ergänzt wurden diese Tätigkeiten durch hydrogeologische Aufnahmen zur Erstellung eines General-Wasserwirtschaftsplans für die Steiermark, zur Erschließung artesischer Quellen, zum Schutz der Heilquellen, aber auch durch Bewertungen des Bodens in Hinblick auf Hangrutschungen und Steinbrucherschließungen. 1940 wurde er zum außerplanmäßigen Professor für angewandte Geologie an der Universität Wien ernannt. 1941 wechselte er als außerordentlicher Professor für Geologie und Mineralogie an die Deutsche Universität in Prag, wo er auch die Leitung des gleichnamigen Instituts übernahm. 1942 zum ordentlichen Professor ernannt, modernisierte er "sein" Institut, das einen wesentlichen Beitrag zur hydrogeologischen Erfassung Innerböhmens leistete.

Eine schwierige Rückkehr nach Österreich

Die Ereignisse im Frühjahr 1945 – ein Bombentreffer auf sein Institut, der Prager Aufstand und schließlich das Kriegsende sowie der Einmarsch sowjetischer Truppen in Prag – führten dazu, dass Winkler-Hermaden seiner Anstellung enthoben und seines gesamten persönlichen und wissenschaftlichen Besitzes enteignet wurde. Aber auch die Rückkehr nach Österreich war alles andere als rosig: Die familiären Besitzungen waren geplündert und zerstört, sein Sohn, der als Kampfpilot im Zweiten Weltkrieg eingesetzt war, war verschollen, und er selbst wurde wegen seiner Mitgliedschaft bei der NSDAP zwei Jahre lang im Camp 373 in Wolfsberg gefangen gehalten. Nach der Entlassung begann für ihn und seine Frau der Wiederaufbau des Guts Kapfenstein, und auch sein Sohn kehrte zurück.

Winkler-Hermaden hatte sich schon lange für die Existenzsicherung von landwirtschaftlichen Betrieben im Raum Kapfenstein eingesetzt. 1929 hatte er eine Molkereigenossenschaft gegründet sowie 1939 eine Wegebaugenossenschaft. Da ihm eine berufliche Fortsetzung als Geologe verboten war, kümmerte er sich nun um die Modernisierung dieser Betriebe. 1950 wurde sein Ansuchen zur ungehinderten Ausübung des Berufs vom damaligen Bundespräsidenten Dr. Karl Renner "positiv" erledigt.[5] "Zunächst erfolgten Gastprofessuren an der Freien Universität Berlin, 1955 und 1956 an der Universität Erlangen. 1957 berief man ihn als außerordentlichen Professor für Mineralogie und technische Geologie sowie zum Vorstand des gleichnamigen Instituts an die Technische Hochschule in Graz. 1960/61 fungierte er als Dekan der Fakultät für Naturwissenschaften, 1961 wurde er hier zum ordentlichen Professor ernannt.

Geologische Exkursion im Jahr 1952 zum Tuffitsteinbruch am Kaskögerl bei Gnas (Bezirk Südoststeiermark).
Foto: Bernhard Hubmann
Artur Winkler-Hermaden während einer Exkursion mit Studierenden aus Erlangen im August 1955.
Foto: Bernhard Hubmann

Ehrungen erfolgten 1957 mit der Wahl zum Mitglied der Akademie der Wissenschaften in Bologna, 1958 mit der Ernennung zum korrespondierenden und 1962 zum wirklichen Mitglied der Österreichischen Akademie der Wissenschaften. Er starb am 9. Mai 1963 in Graz und wurde in der Familiengruft auf Schloss Kapfenstein begraben. (Bernhard Hubmann, Daniela Angetter-Pfeiffer, 8.5.2020)