Verehrung als Motiv ist schön, aber keine Garantie für Qualität. Glenn Danzig wirft sich vor Elvis in den Staub. Das ist okay, aber er sollte ihn nicht singen.

Foto: p. brown

Im Normalfall geht er mit geschlossenem Hemd gar nicht vor die Tür, wenn er überhaupt eines trägt. So ein Tuch beeinträchtigt ja nur die Wirkmacht des Amuletts, das an der gestählten Brust baumelt, und die gehört natürlich ausgestellt, am besten nackt. Doch wenn es auf Audienz zum König geht, bedeckt sich sogar Glenn Danzig. Virusbedingt mehrmals verschoben, ist nun endlich das Album Danzig Sings Elvis erschienen.

Der eine war dem anderen immer ein wichtiger Einfluss. Beide mochten und mögen schwarzes Leder, beide färb(t)en sich die Haare schwarz, beiden wurde und wird eine Nähe zum Antichristen unterstellt, wobei der eine doch recht fromm und gottesfürchtig tat, während der andere mit dem Image des ewigen Finsterlings seine Karriere bestreitet. Und zwar seit 1977, also seit dem Jahr, in dem der König Gerufene einen frühzeitigen Abgang im Badezimmer hinlegte. Dementsprechend ist Danzig Sings Elvis eine Würdigung in Schwarz geworden, sei der Adel noch so niedrig, er verpflichtet.

Cleopatra Records

Glenn Danzig hat der Welt viele schaurig-schöne Stunden und Werke beschert: mit der Punkband The Misfits oder später mit der den Horror und Firlefanz zum Punk addierenden Gruppe Samhain. Unter eigenem Namen hat er zwischen Metal, Gothic, die Charts erobernder Klassik und satanistischen Knödelopern wenig ausgelassen. Sogar als Songwriter für den Tragöden und Elvis-Wegbegleiter Roy Orbison stand er noch im Sold. Näher ist er dem König nie gekommen. Bis jetzt. Doch die Nähe ist zugleich das Problem dieser 14 Songs umfassenden Hommage.

Zuchtbullig verunreinigt

Bei Coverversionen gibt es im Wesentlichen zwei Unterscheidungen. Jemand vereinnahmt einen Song zu seinen Bedingungen und Möglichkeiten oder stellt ihn möglichst werkgetreu nach. Die zweitgenannte Option ist meist die langweiligere, denn wozu einer Kopie lauschen, wenn es das Original gibt. In diese Falle tappt der aus New Jersey stammende Bad Boy Danzig.

Hat er früher Presleys Song Trouble metallisch und von Zuchtbullen-Testosteron verunreinigt gegeben, bremst er sich bei der jetzt gewählten Instrumentierung ziemlich ein, während er versucht, stimmlich zum König der Karaoke-Bar zu werden. Stellenweise übertreibt er es dermaßen, als sängen zwei Elvise Lieder wie One Night, Baby Let’s Play House oder Love Me.

Als Holz gezimmert

Die sind genauso daneben wie jene Interpretationen, in denen sich zeigt, dass er mit 64 Jahren eben nicht mehr so im Saft steht wie Elvis im Comeback-High der späten 1960er- und frühen 1970er-Jahre, von seinen frühen Jahren ganz zu schweigen. Es gelingt Danzig tatsächlich in keinem Song, den Vorlagen Mehrwert zu verleihen. Eine Ballade wie Always On My Mind klingt nachgerade hölzern in seiner sklavischen Werktreue.

Cleopatra Records

In anderen Songs weiß man nicht, ob Glenn gerade einen Kater hatte oder einfach nicht gebaut ist für die Gefühlswelten, die Presley zu errichten vermochte. Diese mögen Glenn Danzig verzaubert haben, ihre Magie weiterzugeben, das schafft er nicht. Einmal mehr zeigt sich, es kann nur einen König geben. Immerhin den Beweis erbringt das Werk. (Karl Fluch, 5.5.2020)