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Fitnessstudio geschlossen? Kein Grund, mit dem Training aufzuhören. Denn viele heimische Fitnessstudios haben ihr Angebot während des Lockdowns ins Netz verlegt.

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Die Rebellion ist abgeblasen. Zwar dürfen heimische Trainingsanbieter laut Bundesregierung frühestens am 29. Mai wieder öffnen. Und das auch nur, wenn die Entwicklung der Infektionszahlen stimmt. Aber Christoph Haider, der in Amstetten das Fitnessstudio Fitfam betreibt, hatte vergangene Woche trotzdem angekündigt, seine Pforten bereits am Montag zu öffnen. Während der Bundeskanzler um jeden Betrieb kämpft, "gehe ich pleite", sagte Haider: "Ich habe keine Zeit mehr."

Dass sein Fitnessstudio am Montag doch geschlossen blieb, lag wohl auch daran, dass die Bezirkshauptmannschaft Amstetten über den Fall informiert war und die Örtlichkeit des Fitnessclubs bestreift wurde. Zudem hat Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) am Samstagabend interveniert und mit dem Rebellen telefoniert, wie Haider am Montag bestätigte. Das Studio Fitter Hirsch im steirischen Sebersdorf wollte es Haider nachmachen, blieb am Montag aber ebenso geschlossen.

Angespannte Situation

Die Fälle zeigen, wie angespannt die Situation in der Branche ist. Das neuartige Virus hat bei vielen Betrieben zum Totalausfall geführt. Der Luxusanbieter John Harris etwa berichtet von null Euro Umsatz, die man derzeit mache. Bei My Clubs, mit deren digitaler Mitgliedschaft man allein in Wien bei über 400 Fitnessstudios und anderen Sportanbietern trainieren kann, ist der Umsatz im April um 80 Prozent eingebrochen.

Der durch die Schließungen bedingte Umsatzverlust für die Branche beläuft sich bereits jetzt auf geschätzte 150 Millionen Euro, heißt es vonseiten des Fachverbands Freizeitbetriebe der Wirtschaftskammer (WKO). Die Eckdaten des Marktes: In Österreich gibt es rund 1.300 Fitnessstudios, etwa 2.500 selbstständige Fitnesstrainer und rund 8.000 Mitarbeiter. Die Branche setzt jährlich rund 600 Millionen um. Fachverbandsobmann Gerhard Span warnt allerdings: Ende Mai dürfte rund ein Drittel aller Betriebe insolvenzgefährdet sein. Das würde 3.000 bis 4.000 Mitarbeiter und etwa 400.000 Kunden treffen.

Im Internet ist die Konkurrenz größer

Indes tut die Branche viel, um mit der Krise keine Kunden zu verlieren. Egal ob bei John Harris oder Fitinn: Viele Anbieter erlassen ihren Mitgliedern für die Zeit der erzwungenen Schließung die monatlichen Beiträge – oder verlängern die Vertragslaufzeit um drei Gratismonate.

Aber noch ein weiterer Trend zeigt sich: Das Angebot verlagert sich zum Teil ins Netz. "Die Corona-Krise hat einen enormen Digitalisierungsschub in der Sportbranche ausgelöst", berichtet Tobias Homberger, Gründer von My Clubs: "Viele unserer Partnerstudios haben sich zum ersten Mal mit digitalen Angeboten auseinandergesetzt und auch sehr schnell reagiert." Die Partner des Sport-Start-ups bieten derzeit vermehrt Trainings im Livestream an. My Clubs selbst streamt jeden Abend ein Gratis-Online-Workout. Aber auch John Harris, Fitinn und andere Anbieter bieten auf diversen sozialen Plattformen Gratisvideos an.

Solche Gratisvideos oder Livestreams sind es aber, was vielen kleineren Betrieben im Netz zu schaffen macht. Viele Anbieter haben erst lernen müssen, dass sich online nicht dieselben Preise verrechnen lassen wie offline, erklärt Homberger. Erstens gibt es eben zahlreiche Gratisangebote von etablierten Unternehmen. Zweitens sind im Netz nicht nur die anderen Studios im Grätzel Konkurrenten, sondern Fitnessstudios, Blogger und Influencer aus aller Welt.

Physiotherapeut Roman Pallesits zeigt Fitness-Übungen in der STANDARD-Online-Serie "Corona-Workout".
DER STANDARD

Bleibt das digitale Angebot?

In der Branche umstritten ist, ob sich der Trend Richtung vermehrtes Online-Angebot auch nach der Pandemie halten wird. WKO-Vertreter Span erwartet, dass die Menschen nach der Wiederöffnung Ende Mai wieder zurück ins Studio kommen: Ein Training vor Ort mit allen dort zur Verfügung stehenden Geräten und meist persönlicher Betreuung könne durch einen Onlinekurs nie ersetzt werden.

Geht auch von zu Hause aus: Die amerikanische Trainerin Paulina Mansz unterrichtet von ihrem Wohnzimmer aus. Ein Sohnemann macht mit.
Foto: APA/AFP/ANDREW CABALLERO-REYNOLD

Homberger sieht das anders. Viele Kunden würden sich wünschen, "dass wir die Livestream-Kurse unserer Partner langfristig anbieten. Wir sehen hier einen Trend zu einem hybriden Workout-Verhalten, indem reguläre Sportkurse und Studiobesuche mit individuellem Training draußen und Online-Workouts daheim kombiniert werden", so der Unternehmer. Und auch beim Luxusanbieter John Harris erwartet man, dass Abstandsregeln oder verschärfte Schutzmaßnahmen die Menschen beim Training noch länger begleiten werden – zumindest bis es einen Impfstoff gibt.

Diesen Verdacht bestätigte am Montag Sportminister und Vizekanzler Werner Kogler (Grüne). Ursprünglich habe man gedacht, dass die Öffnung von Fitnesscentern erst im Sommer oder Herbst möglich sein werde, aber "wir denken jetzt daran, dass das in dieser Welle am 29. Mai schon geschehen kann". Die Wiederöffnung vor Juni ist also noch nicht fix. Klar sei aber, dass beim Trainieren mindestens zwei Meter Abstand gehalten werden müssen. (Aloysius Widmann, 5.5.2020)