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Ölspritzer, Kochdampf und Fettfinger tun Tablet und Smartphone nicht gut.

Foto: AP Photo/Mary Altaffer

Wer kochen, backen, braten, grillen möchte, braucht eigentlich kein eigenes Kochbuch dazu. Im Internet findet man alles, was Herz bzw. Magen begehren. Von knappen, übersichtlichen Rezepten für das perfekte Steak bis hin zu Romanen, wie man richtig Sauerteig ansetzt. Alleine, in der Küche sind Tablet, Smartphone oder Laptop eine mittlere Katastrophe. Ein Plädoyer für echte Kochbücher.

Touchscreen vs. Teig

In der Werbung oder bei Influencern sieht alles schick und makellos aus. Das Tablet sitzt auf einem eleganten Holzständer, auf Youtube wird die richtige Technik wiedergegeben, um Germteig abzuschlagen. Back-Influencer präsentieren sich auf Instagram in der sauberen, geräumigen Designerküche, die blütenweißen Hemdsärmel lässig bis zum Ellenbogen gekrempelt, Ringe und Armbänder bleiben freilich auch beim Teigkneten an den Händen. Mal abgesehen davon, in welchem Paralleluniversum man tatsächlich mit Schmuck an den Händen bäckt, stellt sich sofort die Frage: was tun, wenn man in der Youtube-Anleitung etwas an einer anderen Stelle nachschauen muss oder auf der beliebten Rezeptseite zwischen Mengenangaben und Anleitung kilometerlange Werbeanzeigen überscrollen muss?

Das ist nämlich nicht so einfach, wenn man Teig oder Butter an den Fingern hat und vor sich einen Touchscreen. Der funktioniert nur mittelgut mit fettigen oder nassen Fingern. Vom Homebutton ganz zu schweigen. Damit sich das Display nicht ständig ausschaltet, muss man zuvor auch noch die automatische Displaysperre deaktivieren – ein Kochbuch muss man nur auf der richtigen Seite aufschlagen. Man könnte zwar den digitalen Assistenten um Hilfe bitten – aber weiß der auch, an welcher Stelle im Rezept steht, wann man das geschlagene Eiweiß unterhebt? Im Internet bekommt man auch den cleveren Rat, sich Kunststoffhüllen zu besorgen oder das Tablet in einen Gefrierbeutel zu stecken. Damit sollte zwar der Touchscreen weiterhin funktionieren – aber nach ein paar Mal Antippen mit mehligen Fingern sieht man durch die verschmierte Folie auch nichts mehr.

Dampf, Öl und Wut

Auch Hitze tut Tablets, Laptops und Smartphones nicht gut. Die meisten Hersteller empfehlen eine Temperatur von maximal etwa 35 Grad. Backofen, Herdplatte, dampfende Töpfe, heiße Pfannen mit spritzendem Öl – so eine Küche ist voller Gefahrenquellen. Erst recht ein vor Wut dampfender Hobbykoch, dem wieder einmal das Soufflé zusammengefallen ist. Das Kochbuch kann man wütend auf den Boden werfen. Das Tablet auch. Aber nur einmal.

Kochen und Backen hat außerdem etwas Meditatives. Wer in der Küche gerade seinen inneren Ottolenghi channelt oder Lisl Wagner-Bacher vor imaginärer Fernsehkamera imitiert, will sich doch nur ungern mit Zwischenfragen an Siri oder Alexa wieder in die Realität zurückkatapultieren.

Also besser doch ein Kochbuch zur Hand nehmen, einmal auf der richtigen Seite aufschlagen und nicht mehr über verschmierte Touchscreens ärgern. Macht sich auf dem eleganten Holzständer fürs Tablet auch gut. Mit den Jahren werden die Seiten des Buches zwar speckig, aber das adelt so ein Kochbuch nur. Zugegeben, wenn beim Braten dann das Fett auf die Seiten spritzt und diese durchsichtig werden, ist das schon etwas unappetitlich. Aber immer noch besser, als das Fett zieht in die Ritzen um den Homebutton ein. Also lieber im Internet nach einem guten Kochbuch suchen und mit diesem dann leibhaftig in der Küche zu Werke gehen. (Birgit Riegler, 9.5.2020)