Wien – In einer überraschenden Wende bleibt die FPÖ bei ihrer aktuellen Position zu den Maßnahmen gegen die Ausbreitung des Coronavirus. Nachdem die Partei schon Anfang des Jahres vor dem Erreger gewarnt und ihr Klubchef Herbert Kickl Mitte März den kompletten Lockdown des Landes gefordert hatte, schwenkte sie ja in den letzten Tagen auf den "Stoppt den Corona-Wahnsinn"-Kurs um und forderte die Aufhebung der Maßnahmen.
In einer Pressekonferenz am Dienstag bekräftigte Generalsekretär Michael Schnedlitz diesen Kurs und verpasste ihm ein neues Wording: Die Regierung habe sich dafür entschieden, "nicht entschlossen gegen das Virus vorzugehen, sondern gegen die eigene Bevölkerung", sagte er. Die ÖVP wolle "die Bevölkerung anscheinend in eine Knechtschaft führen", die Freiheitlichen dagegen stünden für die Freiheit und "Würde der Bürger".
Kritik an fehlender Datenbasis
Der blaue Gesundheitssprecher Gerhard Kaniak kritisierte die Regierung für die in seinen Augen schleppende Beschaffung von Schutzausrüstung und die fehlende Datenbasis für die Corona-Maßnahmen. Die von Bildungsminister Heinz Faßmann (ÖVP) präsentierten Querschnittsstudien seien nicht repräsentativ: "Wir werden hier zum Narren gehalten mit Zahlen, die überhaupt keine Aussagekraft haben."
Kaniak forderte außerdem das Wiederhochfahren des Gesundheitssystems, das Ausfallen von Vorsorgeuntersuchungen und Reha-Behandlungen zeige bereits negative Auswirkungen.
Schnedlitz liest Nepps Aussendungen nicht
Generalsekretär Schnedlitz offenbarte nebenbei, dass er kein aufmerksamer Leser der Presseaussendungen seiner Wiener Parteikollegen ist. Der Wiener FPÖ-Vizebürgermeister Dominik Nepp hatte am Montag in einer solchen Aussendung behauptet, die steigenden Corona-Zahlen in Wien seien nur auf Asylwerber zurückzuführen. Und: "Man muss daher zum jetzigen Zeitpunkt in der Bundeshauptstadt fast schon von einem Asylantenvirus sprechen." Auf diese menschenfeindliche Aussage angesprochen, erklärte Schnedlitz, er kenne deren Kontext nicht. Aber "wenn er wahrscheinlich einen Grund dafür gehabt hat, bin ich auch ein Freund davon, dass man die Dinge beim Namen nennt".
Entfesslungswünsche aus Oberösterreich
Der oberösterreichische Vize-Landeshauptmann Manfred Haimbuchner (FPÖ) lud einstweilen zu einer eigenen Online-Pressekonferenz ein. Haimbuchner will zwar die "Stopp den Corona-Wahnsinn"-Kampagne unterstützten, gibt sich aber staatstragender. Auf seinen Social-Media-Auftritten finden sich keine Comic-Corona-Viren mit bösen Gesichtern und schrillen Farben wie bei seinen Kollegen. Haimbuchner hat seine eigene Kampagne gestartet. Auf den Bildern ist er selbst gut ausgelichtet zu sehen. Sein Blick ist auf einem der Sujets nach rechts oben gerichtet. "Österreich entfesseln" lautet Haimbuchners Motto.
"Jetzt ist es an der Zeit, die Fesseln zu lösen und Österreich wieder groß zu machen", sagte Haimbuchner. Er wies auf die kriselnde Wirtschaft hin, um die man sich nun kümmern müsse, und um diejenigen die durch Arbeitslosigkeit oder Kurzarbeit ihre Miete nicht mehr zahlen könnten oder in der Selbständigkeit ihre Aufträge verloren hätten. Diese "existentiellen Probleme" vermisst Haimbuchner in den Pressekonferenzen der Regierung.
Wie FPÖ-Parteichef Norbert Hofer plädiert auch Haimbuchner dafür, dass die Versäumnisse von Türkis-Grün in der Krise in einem Untersuchungsausschuss aufgeklärt werden. Die Maßnahmen der Regierung zu Beginn der Krise seien zwar seiner Meinung richtig gewesen, aber zu zu spät erfolgt. Nun seien Gesundheitsminister Rudolf Anschober & Co. mit den Lockerungen zu spät dran. Ganz grundsätzlich ortete Haimbuchner viel Chaos: etwa beim "Ostererlass", bei den Schulschließungen und durch überschießende Strafen.
Neuen Steuern erteilte Haimbuchner eine Absage. Das hätte aus seiner Sicht für die Wirtschaft "desaströse Folgen". In schlechten Zeiten sei es nachvollziehbar, dass dieser Kredite aufnehmen müsse. In Oberösterreich hätte man mit der "Nullschuldenpolitik" aber entsprechend vorgesorgt.
Eine verpflichtende Corona-App lehnt Haimbuchner sowohl für In- als auch für Ausländer ab. Stattdessen plädiert Oberösterreichs Vize dafür, mehr zu testen. Das habe Anschober zwar "verordnet", nun müsse das aber auch passieren. Dann sei in Kombination mit den bisherigen Erfahrungen auch kein zweiter Lockdown notwendig, befindet Haimbuchner. (sefe, jan, 5.5.2020)