Auch warum so wenig im Paznauntal getestet wurde, soll eine Kommission aus Experten klären.

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Seit sechs Wochen laufen die polizeilichen Ermittlungen in der Causa Ischgl und das Coronavirus. Im Zentrum steht dabei die Frage nach möglichem Versagen oder Fehlentscheidungen von Behörden. Am Dienstag wurde der Innsbrucker Staatsanwaltschaft ein erster, tausend Seiten umfassender Zwischenbericht dazu vorgelegt. Über konkrete Inhalte des Berichtes wird wegen der noch laufenden Ermittlungen keine Auskunft erteilt. Ob mit einem offiziellen Ermittlungsverfahren der Staatsanwaltschaft gerechnet werden kann, sei noch nicht abschätzbar.

Während die offiziellen Ermittlungen noch laufen, werden politisch bereits Konsequenzen gefordert. Die Tiroler Oppositionsparteien machen sich für die unabhängige Aufarbeitung der Geschehnisse stark. Auch die Landesregierung will eine solche und hat für Donnerstag die Vorstellung der siebenköpfigen Expertenkommission angekündigt, die damit betraut werden soll.

Tirol weist Vorwürfe zurück

Dass die Tiroler Behörden im Fall Ischgl zu spät reagiert hätten, wie das in einem Bericht des Profil diese Woche behauptet wird, ist weiterhin strittig. Die Landesregierung weist den Vorwurf entschieden zurück. Man habe, gemessen an den Anfang März geltenden Vorgaben des Gesundheitsministeriums und auch jenen der Weltgesundheitsorganisation, sogar mehr getan, als diese vorschreiben.

Konkret geht es um eine Warnung der isländischen Behörden, die am späten Abend des 4. März an das Gesundheitsministerium in Wien ergangen war. Darin wurde von mehreren Isländern berichtet, die im Februar in Ischgl auf Skiurlaub gewesen sind und nach ihrer Rückkehr positiv auf das Coronavirus getestet wurden. Das Ministerium hatte diese Warnung am 5. März an die Tiroler Gesundheitsbehörden weitergeleitet. Darin waren die Namen der Hotels aufgeführt, in denen die isländischen Urlauber abgestiegen sind. Die Tiroler hätten aber unverständlicherweise erst einen Tag später reagiert, so der Vorwurf eines anonymen Mitgliedes des Corona-Beraterstabes der Bundesregierung im Bericht.

Das stimme so aber nicht, kontert ein Sprecher der Tiroler Landesregierung. Vielmehr habe die Bezirkshauptmannschaft Landeck als zuständige Behörde umgehend selbst mit den isländischen Behörden Kontakt aufgenommen, um die Namen der betroffenen Urlauber zu erfahren. Dies sei nötig gewesen, um mehr als eine Woche nach deren Abreise noch nachvollziehen zu können, wo und mit wem sie Kontakt hatten.

Islands Behörden hätten aber erst 24 Stunden später mit diesen Informationen geantwortet. Dann habe man sofort und mithilfe der Polizei umfassende Erhebungen gestartet. Sämtliche Mitarbeiter der betroffenen Hotels wurden überprüft, ein Zimmermädchen mit Symptomen auf das Virus getestet – alle Ergebnisse: negativ.

Es ging darum, so die Erklärung des Landes, einen möglichen Infektionsherd zu identifizieren. Der Amtsarzt sei stutzig geworden, weil niemand in den Hotels selbst infiziert zu sein schien, weshalb er eine regional begrenzte Verordnung für Ischgl aussprach, der zufolge jeder Patient in der Gemeinde, der über grippeähnliche Symptome klagte, auf das Coronavirus zu testen gewesen sei. Erst dadurch kam es am 7. März zur Testung des Barkeepers des Kitzlochs – eine jener Apres-Ski-Bars, wo sich die Isländer angesteckt haben könnten. Der Mann hatte sich wegen einer Grippe beim Gemeindearzt gemeldet. Hätte man nur nach den offiziellen Vorgaben gehandelt, so die Argumentation des Landes, wäre das nicht entdeckt worden, daher sei der Vorwurf, zu spät gehandelt zu haben, haltlos.

Vergleiche mit dem Vorgehen im Hotel Europa in Innsbruck weist man zurück. Dort wurde am 25. Februar eine Rezeptionistin als Erste in Österreich positiv getestet. Dort habe man sofort nach der Diagnose davon erfahren und so keinen Infektionsherd suchen müssen. 62 Personen aus dem Umfeld der Frau wurden als Kontaktpersonen getestet. (Steffen Arora, 5.5.2020)