"Becoming": Die ehemalige First Lady auf einer Tour zur Bewerbung ihres gleichnamigen Memoirenbuchs.

Foto: Netflix

Als First Lady ist man keine Politikerin. Nur bei Michelle Obama waren wir uns da nie so sicher. Die Ehefrau von Ex-US-Präsident Barack Obama hat sich bereits in Wahlkampfzeiten wortgewaltig wie keine vor ihr ins Gemetzel der Reden geworfen. Und auch wenn man sie später auf Fragen zur Kindererziehung und ihre Designerklamotten reduzierte, so wissen viele, dass sie das Zeug zur Präsidentin hätte. In die Politik aber will die gute Frau nicht gehen, versichert sie immer wieder. Dafür ist sie jetzt ein Popstar. Denn die Obamas tummeln sich nun auf Netflix. Vor zwei Jahren hat das Paar die Produktionsfirma Higher Ground gegründet und kooperiert mit dem Streaming-Giganten, dessen zahlende Abonnenten derzeit mit 183 Millionen weltweit beziffert werden. Ab Mittwoch läuft hier Becoming, eine Doku, die die ehemalige First Lady auf einer Tour zur Bewerbung ihres gleichnamigen Memoirenbuchs zeigt.

Trailer zu "Becoming".
Netflix

Michelle Obama wird in wummernden Arenen empfangen wie ein Gladiator. Tränen kullern über die Wangen der Fans. Einmal stößt – Überraschung – federnden Schrittes auch Gatte Barack dazu. Und er meint süffisant, das wäre jetzt so, als würde Jay-Z zu Beyoncé hinaufsteigen! Der Film löst also erwartungsgemäß vor allem hagiografische Ansprüche ein. Mrs. Obama ist aber auch ein Knaller. Die Princeton- und Harvard-Absolventin hat Schmähs. Einmal sinnierend im Auto sitzend sagt sie, sie könne die Menschen gut verstehen, die Donald Trump gewählt haben. Ist das jetzt schon Wahlkampf oder doch nur die gute Pointe einer mitreißenden, tränentreibenden Homestory? (Margarete Affenzeller, 5.5.2020)