Bei einer großen Dichte an Windrädern fällt teilweise mehr Strom in einer Region an, als in dem Moment benötigt wird.

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Im Jahr 2019 waren 464 Windkraftanlagen im Burgenland installiert. Sie waren maßgeblich dafür verantwortlich, dass das Bundesland rechnerisch etwa 160 Prozent seines Strombedarfs erzeugen konnte. Der hohe Anteil aus dieser fluktuierenden Energiequelle und Strompreise, die künftig verstärkt dem freien Markt unterworfen sind, machen es notwendig, auch den Verbrauch flexibler zu gestalten. Möglichst viel Strom soll zum Zeitpunkt der Produktion lokal genutzt werden.

Die technologische Transformation hin zu erneuerbarer Energie geht mit einem ökonomischen Wandel einher. Für erste Anlagen läuft die Ökostromförderung, die auf 13 Jahre fixe Einspeisetarife garantiert, aus. Je mehr Anlagen aus dem Förderregime fallen, desto mehr Strom wird am freien Markt gehandelt. Die erwartete Energiemenge wird dabei prognostiziert und im Voraus verkauft.

Prognoseabweichungen werden an einer Intra-Day-Börse kurzfristig möglichst ausgeglichen. Verbleibende Differenzen, sogenannte Ausgleichsenergie, kann für den Energieanbieter zu Aufwänden führen. Negative Strompreise und zeitweise Abschaltungen der Anlagen zu Spitzenzeiten können die Folge sein, und die gilt es zu vermeiden. Geeignete Geschäftsmodelle sollen beim Balanceakt am Markt für mehr Stabilität sorgen.

Automatisierte Heizung der Wärmespeicher

Ein Bereich, in dem die Flexibilisierung der Verbraucherseite zur Unterstützung des Energiesystems besonders günstig erscheint, sind Power-to-Heat-Anlagen, die mithilfe von Elektrizität Wärme erzeugen. Mit dem Projekt Heat Water Storage Pooling möchte man diese Möglichkeit "als nächsten strategischen Schritt zur besseren Integration erneuerbarer Energie in den Markt" nutzbar machen, wie Projektleiter Markus Puchegger von der Forschung Burgenland, einem Tochterunternehmen der FH Burgenland, sagt.

Gemeinsam mit der Energie Burgenland und weiteren Projektpartnern soll ein Ansatz geschaffen werden, der das Heizen der Wärmespeicher automatisiert in Phasen hoher Windkraftproduktion verlegt. Das Projekt ist Teil der Energiemarkt-Forschungsinitiative Green Energy Lab, die via Klima- und Energiefonds vom Klimaschutzministerium gefördert wird.

Virtuelles Kraftwerk

"Die Idee ist, ganz verschiedenartige Wärmespeicher in einem Pool zusammenzufassen – vom Boiler im Einfamilienhaus bis zum großen Fernwärmespeicher", erklärt Puchegger. Im Rahmen eines virtuellen Kraftwerks werden zu den verstreuten Windkraftanlagen auch der Speicher-Pool in ein dezentrales System integriert. Der "Probe-Pool" im Forschungsprojekt umfasst 30 kleinere Speicher in Einfamilienhäusern, zehn mittelgroße in Wohnanlagen sowie einen Großspeicher eines Fernwärmeanbieters.

Insgesamt gehen die Forscher von einem Potenzial von etwa 10.000 thermischen Kleinspeichern allein im Nordburgenland aus. Meist handelt es sich dabei um "bivalente Systeme", die neben Strom mit einem weiteren Energieträger betrieben werden können und zum Beispiel im Winter von einer lokalen Heizung versorgt werden.

"Speicher-Schwarm"

In der Praxis würde ein solches System bei Stromüberschuss Steuerbefehle an den "Speicher-Schwarm" aussenden, um Boiler, Wärmepumpen und Heizstäbe einzuschalten und die Temperaturen im Rahmen einer bestimmten Bandbreite hochzufahren. Dazu braucht es nicht nur die Bereitschaft der Eigentümer – für sie soll die "Fremdbestimmung" mit Kostenvorteilen verbunden sein –, sondern auch technische Voraussetzungen.

"Ein Teil des Projekts wird sein herauszufinden, welche Mess- und Kommunikationsinfrastruktur sich bei welchen Speichern auszahlt", sagt Puchegger. "Klar ist: Je kleiner die Anlage, desto einfacher muss die Kommunikation ausfallen." Informationen über die Anlagen könnte man aus statistischen Modellen gewinnen.

Erzeugungsspitzen abfangen

Würde man das Potenzial der Wärmespeicher, die im Zuge des Projekts erhoben wurden, vollständig nutzen, könnten Erzeugungsspitzen abgefangen und Abschaltungen reduziert werden. In welchem Umfang? "Wir schätzen, dass die Wirkung etwa einem Stromspeicher in der Größe von 50 Megawattstunden entspricht", erklärt Puchegger.

Das liegt etwa im Bereich der größten Batteriespeicherkraftwerke, die es derzeit in Europa gibt. Die Integration der Wärmespeicher stellt einen weiteren Baustein eines Smart Grids im Burgenland dar. Einer der nächsten könnte dann die Verbraucher-Flexibilisierung von Ladestationen für Elektroautos sein. (Alois Pumhösel, 6.5.2020)