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Die Aktivitäten rund um die Rettung der Lufthansa und ihrer Österreich-Tochter AUA nehmen zu. Am Dienstag kamen die Lufthansa-Aktionäre (virtuell) zusammen, um über die im Raum stehenden Bedingungen für Staatshilfe abzustimmen, in Wien findet Mittwoch Abend eine außerordentliche Aufsichtsratssitzung statt. Hier geht es um den Businessplan, den der AUA-Vorstand umsetzen möchte und dessen Herzstück eine Kostenreduktion um 20 Prozent ist. Dennoch dürften Rettungspakete so schnell nicht auf dem Tisch sein, zu viele Fragen sind noch offen. Und ohne deutsche Lösung wird es auch keine in Wien geben können.

Die AUA braucht 767 Millionen Euro vom Staat, und die Bundesregierung hat ihre Bedingungen schon klargemacht: Sie will von der AUA-Mutter eine Standortgarantie und die Zusicherung, dass die AUA ihre Drehkreuzfunktion in Wien samt Langstrecken behalten darf. Immer öfter meldet sich nun aber der grüne Koalitionspartner zu Wort und betont, dass man eine Geldspritze an ökologische Vorgaben binden müsse. Also etwa die Modernisierung der Fliegerflotte oder die Verlagerung der Kurzstrecke auf die Bahn. Da sei Mutter Lufthansa in die Pflicht zu nehmen, so die Argumente.

Geordnete Insolvenz als Alternative?

Und wenn die nicht mitspielt? Dann "müssen wir auch nachdenken, ob eine geordnete Insolvenz nicht klüger sein könnte", so der Vorarlberger Landesrat Johannes Rauch (Grüne). "Es kann nicht sein, dass Österreich hunderte Millionen Euro in eine deutsche Gesellschaft buttert, wenn die Mutter nicht bereit ist, über Auflagen wie den Klimaschutz zu reden" und so viele Kleinbetriebe an der Wand stünden, erläuterte er am Dienstag im STANDARD-Gespräch seinen Vorstoß im Ö1-Morgenjournal. "Aus heutiger Sicht, und wenn die Ökologisierung nicht zugestanden wird, ist die geordnete Insolvenz der AUA mindestens so vertretbar wie die Einräumung von 800 Millionen."

Bahnfahren ist fürs Klima besser als Fliegen, darin ist man sich bei den Grünen einig.
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Die Grünen sind sich in dieser Frage einig: Auch Mobilitäts- und Klimaschutzministerin Leonore Gewessler (Grüne) betonte am Dienstagmittag, der Klimaschutz müsse Teil der Gegenleistungen für AUA-Staatshilfen sein. Eine Position, die auch Vizekanzler Werner Kogler teilt, wie sein Büro ausrichten lässt.

Vom Koalitionspartner ÖVP sind derartig explizite Forderungen so nicht zu hören, es gebe in der AUA-Frage durchaus unterschiedliche Positionierungen innerhalb der Regierung, wird kolportiert. Auch von der Alternative Insolvenz – möglich wäre etwa ein Sanierungsverfahren in Eigenverwaltung, nachdem die AUA kleiner geworden wäre und billiger weiterfliegen könnte – wird in der ÖVP nicht gesprochen, jedenfalls nicht in der Öffentlichkeit. Einzig Staatssekretär Magnus Brunner (ÖVP) sagte laut Parlamentskorrespondenz im Umweltausschuss, dass man sich alle Optionen offenhalten müsse. Selbst eine Insolvenz könne nicht ausgeschlossen werden und das Credo "Koste es was es wolle" dürfe in diesem Fall nicht gelten. Eine Rettung der AUA müsse jedenfalls an ökologische sowie sozial- und arbeitsrechtliche Verpflichtungen gebunden werden.

Der Vorarlberger Landeshauptmann Markus Wallner gibt hingegen keinen Kommentar zur AUA und zu den Aussagen des grünen Vorarlberger Landesrats Rauch ab. Wobei die Vorarlberger die Sache generell gelassener sehen: Für sie sind die Flughäfen Zürich und München wichtiger als Wien. In der Frage AUA ist durchaus ein West-Ost-Gefälle zu bemerken.

Regionale Interessen

So betonte etwa Salzburgs Landeshauptmann Wilfried Haslauer (ÖVP) auf Anfrage, dass eine Standortgarantie auch den Flughafen Salzburg umfassen müsse. Eine Insolvenz der AUA sei "auch eine Möglichkeit", aber da müsse man vorher die Folgen genau abschätzen. Ähnlich argumentiert Tirols Landeshauptmann Günther Platter (ÖVP): Er fordert eine Standortgarantie auch für den Flughafen Innsbruck. Und ÖVP-Verkehrssprecher Andreas Ottenschläger betonte, dass das Wichtigste der Erhalt der Drehkreuzfunktion sei.

Bahnt sich da ein innerkoalitionärer Konflikt um das Kernthema der Grünen, Umwelt- und Klimaschutz, an? Muss nicht sein, sagt einer, der mit der AUA-Rettung zu tun hat. Auch aus der ÖVP kämen immer mehr Stimmen, die hinterfragen, warum man der Airline so viele Hundert Millionen geben wolle, ohne gleichzeitig aktiv Weichen für die Zukunft zu stellen. Das Thema Branchenkollektivvertrag gehöre angegangen, um die AUA auf der Kurz- und Mittelstrecke wettbewerbsfähig zu machen. Und: Die ÖVP könnte die Forderungen der Grünen mitsamt der Insolvenzvariante argumentativ nützen, um auf strengere und nachhaltige Bedingungen bei der AUA-Rettung einzuschwenken.

Dass all das bis Mitte Mai über die Bühne gegangen sein muss, bestreitet ein anderer Verhandler. Das AUA-Management mache Druck, um der Lufthansa gefällig zu sein, argwöhnt er, die Republik dürfe sich nicht drängen lassen. Bei der Lufthansa liege noch genug Geld für die AUA: Das reiche bis Ende Juni.

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Wenn schon eine Airline gerettet werden soll, dann dürfe die Umwelt nicht vergessen werden, tönt es immer lauter.
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Zumindest bei einem anderen Punkt scheint man sich auf eine gemeinsame Sichtweise geeinigt zu haben. Das AUA-Management und die Belegschaftsvertreter dürften intern übereingekommen sein, die Covid-Kurzarbeit bis September zu verlängern und dann das Personal nach Möglichkeit in die normale Kurzarbeit bis März 2022 zu schicken. Damit würde die AUA die Kosten deutlich senken. Von den gesamt gut 500 Millionen Euro an Personalkosten würde man sich allein durch die Covid-Kurzarbeit zwischen 330 und 370 Millionen Euro sparen, in der normalen Kurzarbeit dann rund die Hälfte der Personalkosten. Das Thema dauerhafte Gehaltsreduktion für die Zeit nach der Kurzarbeit gehört weiterhin zu den offenen Punkten. Und was immer durch maximale Ausschöpfung der Kurzarbeit bei Personalkosten eingespart werden kann, gesamt reicht das nicht.

Auch das Thema Personalabbau bleibt virulent und muss erst ausgehandelt werden. Zusätzlich zum laufenden, im Herbst angekündigten Jobabbauprogramm, wodurch 700 bis 800 Stellen wegfallen sollen, wackeln bei den derzeitigen Szenarien noch rund 500 Jobs. Am Ende der Rosskur könnte die AUA also im Vergleich zu jetzt mit rund 1.300 Mitarbeitern weniger auskommen müssen. (Renate Graber, Regina Bruckner, 5.5.2020)