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Franz Hasil (hier gegen Ajax) war Spielgestalter bei Feyenoord.
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"Ich kann mich nicht an jede Einzelheit erinnern. Aber an viele. Als wir eingelaufen sind, war da ein Höllenlärm, eine Mordsstimmung im San Siro. Mir ist so viel im Kopf herumgegangen. Was ist, wenn wir gewinnen? Was ist, wenn wir verlieren? Hoffentlich mach ich keinen Fehler! Dann war Anpfiff, und mit der ersten Ballberührung war die Aufregung weg und die Sicherheit da. Ich hab gespielt wie immer, ich hab eine richtige Freude gehabt am Fußballspielen."

Am 7. Mai 1970 sollte europaweit in den Zeitungen stehen, dass der Wiener Franz Hasil im Meistercupfinale der beste Mann auf dem Platz war. Tags zuvor hatte Feyenoord Rotterdam, von Hasil angeführt, in Mailand ein 2:1 über Celtic Glasgow gefeiert. Tommy Gemmell brachte die Schotten vor 53.000 Zusehern in Führung (29.), Rinus Israël glich zwei Minuten später aus. Dann wogte das Match samt Verlängerung eher hin als her, weil Feyenoord überlegen war. Doch erst in Minute 117 gelang dem Schweden Ove Kindvall das 2:1. Feyenoord war die erste niederländische Mannschaft, die den Meistercup stemmte – und Hasil der erste und bis David Alaba (2013) einzige in einem Meistercupfinale (bzw. Champions-League-Finale) erfolgreiche Österreicher.

Die Highlights des Finalspiels.
Feyenoord Loyals

Und natürlich wurde auch Ernst Happel, der legendäre Trainer, von den Rotterdamern gestemmt. Happel hatte den ehemaligen Rapidler Hasil zu Feyenoord geholt. Der war bei Schalke alles andere denn glücklich gewesen. Trainer Rudi Gutendorf setzte den 1,74 Meter großen Österreicher als Mittelstürmer ein, das passte gar nicht. "Dann hat Happel gesagt, er holt mich nach Rotterdam. Ich hab gesagt: ‚Herr Happel, aber eines muss ich Ihnen schon sagen, ich will dort nicht wieder Mittelstürmer spielen, das kann ich nicht.‘ Er hat gesagt: ‚Ich stell dich schon hin, wo du hingehörst.‘"

Am 6. Mai 1970 wurde Ernst Happel gestemmt.
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Hasil gehörte ins Mittelfeld. Und er gehörte unter Druck gesetzt. "Wenn es um etwas gegangen ist, hab ich mich konzentriert. Da sind mir die Haare zu Berge gestanden. Das Meistercupfinale war mein bestes Match für Rotterdam." Um ein Haar hätte er sich auch als Torschütze verewigt, einmal schoss er an die Stange, einmal an die Latte. "Egal, es hätte wenig geändert." Der Weltpokal-Erfolg gegen Estudiantes de La Plata aus Argentinien war die Draufgabe.

Hasil und Happel wurden in Rotterdam gefeiert. Der "Has" erzählt: "Am Tag nach dem Meistercupfinale sind wir heimgeflogen. Wir sollten in Amsterdam landen, aber da waren zigtausende Fans auf der Landebahn, deshalb ist der Flieger gleich weiter nach Rotterdam geflogen."

Hasil ist auch mit 75 Jahren immer noch ein Original durch und durch.
Foto: Prof. Christian Hackl

Dort gab es, no na, eine große Feier, die Mannschaft und der Bürgermeister winkten von einem Balkon, halb Rotterdam winkte zurück. Hasil wurde gar von Königin Juliana zur Audienz geladen. "Sie hat leidlich gut Deutsch gesprochen und zu mir gesagt: ‚Sie sind ja Fußballer, so ein schöner Beruf.‘ Ich hab geantwortet: ‚Sie haben aber auch ka schlechte Hackn.‘ Das hat sie aber doch nicht ganz verstanden."

Damit hatte Hasil, das soll nicht verschwiegen werden, bei einem anderen legendären Kicker eine Anleihe genommen. Karl Sesta nämlich hatte 1932 am Rande von Österreichs legendärem 3:4 an der Stamford Bridge in London mit dem Herzog von Kent und späteren König eine ganz ähnliche Unterhaltung geführt.

Video statt Jubiläumsfeier

Ansonsten ist Hasil (75) ein Original durch und durch. Von einem Knie vielleicht abgesehen. "Vor einigen Jahren hab ich ein neues bekommen. Seither kann ich wieder Tennis spielen." Auch dieser Tage hat er beim WAC im Prater schon wieder den Schläger geschwungen. Eigentlich sollte er den 6. Mai in Rotterdam verbringen, wo eine große Feier geplant war. Sie ist zumindest bis Herbst verschoben. Hasil hat das Finale auf Video, er wird es sich zum Jubiläum geben, in kleinem Kreis, momentan geht es halt nicht anders.

Bis 1973 hat Hasil für Feyenoord gespielt, dann machte er "den größten Fehler meines Lebens". Er schlug einen Dreijahresvertrag aus und ging zurück nach Österreich, nach Klagenfurt, dann zur Vienna, wo er seine Karriere beendete. Ein auch nicht kleiner Fehler war seine Spielsucht, die ihn viel Geld kostete. Vor wenigen Jahren hat der "Has", der in Wien Trafikant und in den Niederlanden "Legionär des 20. Jahrhunderts" wurde, Rotterdam besucht. Er ging ins Rathaus, wo 1970 die große Feier gestiegen war. Die Leute liefen zusammen, nur der Bürgermeister war in einer Sitzung. "Als er gehört hat, dass ich da bin, hat er die Sitzung unterbrochen und ist gekommen, um mir die Hand zu schütteln." (Fritz Neumann, 6.5.2020)