Das Gartenbaukino hat derzeit geschlossen – immerhin gibt es Sonnenstrahlen.

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Der Onlineerfolg des Animationsfilms "Trolls World Tour" könnte die Filmindustrie nachhaltig verändern und sorgt in den USA für heftigen Streit mit der Kinobranche. Der Kinobetreiber AMC will keine Filme des Studios Universal mehr zeigen. Auslöser der Drohung war die Ankündigung eines Topmanagers, Filme in Zukunft gleichzeitig in die Kinos und in den Onlineverleih zu bringen. In Österreich sieht man die Diskussion eher gelassen. Allerdings sind die Auswirkungen der Corona-Pandemie "gravierend und potenziell desaströs", wie Norman Shetler vom Wiener Gartenbaukino dem STANDARD sagt.

Traum ging für Apple und Amazon in Erfüllung

Traditionell werden neue Filme erst im Kino gezeigt und stehen erst einige Monate später zum Kauf oder Verleih sowie für Streaming zur Verfügung. Die Corona-Epidemie hat das geändert. Da alle Kinos geschlossen sind, gehen erstmals Filme wie die "Trolls"-Fortsetzung direkt in den sogenannten Premium-Onlineverleih. Für Universal zahlte sich das aus: In drei Wochen spielte der Film allein im US-Markt knapp 100 Millionen Dollar ein. Für die Streaminganbieter wie Amazon oder Apple ging damit ein langjähriger Traum in Erfüllung. Die Kinobetreiber hingegen sind sauer, sie haben Angst, Kunden für immer zu verlieren.

Ein völlig nachvollziehbarer "Move"

Norman Shetler sieht dies gelassen. Es sei "ein völlig nachvollziehbarer 'Move' gewesen, gewisse Filme sofort auf etablierten Streamingplattformen anzubieten". Schließlich befänden wir "uns bekanntlich in einem nie da gewesenen Ausnahmezustand". Ob Filme gleichzeitig in Kinos und auf Streamingplattformen gezeigt werden, ist für ihn unklar. Derzeit könnten "keine Schlüsse auf den zukünftigen Normalzustand" zugelassen werden, so der Geschäftsführer des Gartenbaukinos.

Wie in allen Bereichen des Lebens seien die Auswirkungen der der Krise auf Kinos "mit wenigen Ausnahmen gravierend und potenziell desaströs", sagt Shetler. "Ohne rasche, langfristige und vor allem nachhaltige Unterstützung durch Bund, Länder und Städte kann es hier zu einer merklichen Ausdünnung kommen, was in weiterer Folge die Bereiche des Filmverleihs und der Filmproduktion gefährden kann".

Hilfe

Er betont, dass die österreichischen Kinos sehr unterschiedlich seien, nicht nur in ihrer Programmatik, sondern auch in ihrer ökonomischen Struktur und in den von ihnen bedienten Publikumssegmenten. Somit werde ein privat geführtes Einsaalkino in einer ländlichen Gegend andere Auswirkungen spüren als eine Kinokette oder ein Filmmuseum. Sie alle brauchten möglicherweise unterschiedliche Hilfeleistungen. Wann genau und unter welchen Auflagen Kinos wieder öffnen dürfen, ist derzeit noch unklar. (Markus Sulzbacher, 6.5.2020)