Bundeskanzler Kurz nahm per Videokonferenz an der Konferenz teil.

Foto: Bundeskanzleramt/Arno Melcharek

Wien/Brüssel – Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) nimmt kein geopolitisches Wettrennen Europas mit China oder Russland auf dem Westbalkan vor dem Hintergrund der Coronavirus-Krise wahr. "Jede Hilfe ist gut, ganz gleich, aus welcher Himmelsrichtung sie kommt", sagte Kurz im Vorfeld des EU-Westbalkan-Videogipfels am Mittwoch vor Journalisten.

Dass das ursprünglich in Zagreb geplante Spitzentreffen trotz der gegebenen Umstände als Videokonferenz stattfindet, bezeichnete der Bundeskanzler als "wichtiges Zeichen des Zusammenhaltes". Die Staats- und Regierungschefs der EU und der Westbalkan-Länder wollen dabei ihre gegenseitige Solidarität und enge Kooperation in der Coronavirus-Krise demonstrieren. Die nächsten Schritte in Richtung EU-Erweiterung stehen dabei nicht auf dem Programm, lediglich das Bekenntnis zur sogenannten "europäischen Perspektive" der Region soll von beiden Seiten erneuert werden.

3,3 Milliarden Euro Hilfe

Die EU stellt 3,3 Milliarden Euro für die Bekämpfung der Folgen der Corona-Pandemie auf dem Westbalkan bereit. Die Westbalkan-Staaten sind zudem unter anderem in die gemeinsame Beschaffung von Medizinprodukten einbezogen und durch Sonderfahrspuren für den Frachtverkehr an die EU angebunden.

Kurz betonte am Mittwoch auch die Bedeutung der bilateralen Hilfe. Österreich sei mit der Region "kulturell, menschlich, wirtschaftlich und historisch" verbunden und sehe eine Verpflichtung darin, zu helfen. Alle Länder seien bereits mit Schutzausrüstung unterstützt worden, auch die Kapazitäten auf den österreichischen Intensivstationen stünden den Westbalkan-Staaten zur Verfügung. Montenegro hat darauf bereits zurückgegriffen und einen Patienten nach Österreich geschickt.

Vage Hoffnungen auf Aufnahme

Für Kurz wird die EU "erst komplett" sein, wenn die Westbalkan-Länder Teil der Union sind. Die EU-Staats- und Regierungschefs haben Ende März zugestimmt, EU-Beitrittsverhandlungen mit Nordmazedonien und Albanien aufzunehmen. Serbien und Montenegro befinden sich bereits im Beitrittsprozess, für Kosovo und Bosnien-Herzegowina gibt es noch einige Hindernisse zu bewältigen.

Trotzdem machte die EU den Balkanstaaten nur vage Hoffnungen auf eine Aufnahme. Die Staats- und Regierungschefs der EU-Staaten bestätigten am Mittwochabend zwar ihre "uneingeschränkte Unterstützung für die europäische Perspektive des westlichen Balkans". Einen Zeithorizont für eine mögliche EU-Erweiterung fehlte allerdings in der Abschlusserklärung. (APA, 6.5.2020)