Bild nicht mehr verfügbar.

Bei Überwachungssystemen setzen zahlreiche europäische Staaten auf chinesisches Know-how.

Foto: Reuters

China weitet seinen Einfluss in Mitteleuropa und Zentralasien vor allem über den Bereich Technologie und Überwachung aus. Dies stellt der Bericht "Nations in Transit" (PDF) fest, in dem die US-Bürgerrechtsorganisation Freedom House die demokratiepolitischen Entwicklungen in 29 Staaten der Region beschreibt. Auch Westbalkanländer, die sich in einem Annäherungsprozess an die EU befinden, sind betroffen.

Die Regierung von Xi Jinping ist laut Freedom House bei der Verfolgung ihrer außenpolitischen Ziele in den vergangenen Jahren nicht weniger aktiv als Russland gewesen. China fährt dabei jedoch einen weniger konfrontativen Kurs, mit dem einerseits die Ausweitung seines Einflusses im Ausland und andererseits die Verbreitung eines positiven Bildes des Landes verfolgt wird. Die von chinesischen Diplomaten umgesetzte Kampagne zeichnet sich der US-amerikanischen Organisation zufolge vor allem durch Flexibilität und die Anpassung an die Gegebenheiten vor Ort aus, zieht Vorteile aus institutionellen Schwachstellen und bettet sich in korrupte politische und wirtschaftliche Strukturen ein.

Überwachungssysteme

Zehn der 29 untersuchten Länder der Region haben laut Freedom House ein "Safe City Agreement" mit dem chinesischen Technologiegiganten Huawei abgeschlossen. So wurden beispielsweise in Tadschikistan und Usbekistan fast tausend Kameras installiert, um Veranstaltungen im öffentlichen Raum zu überwachen. In Serbien, wo ebenfalls ein Überwachungssystem des Konzerns Huawei zur Gesichts- und Nummerntafel-Erkennung eingeführt wurde, nahmen serbische Polizeibeamte gemeinsam mit chinesischen Kollegen an Antiterror-Übungen teil.

Laut der US-Bürgerrechtsorganisation rufen diese Partnerschaften Bedenken hervor, dass die Ausdehnung von Chinas Reichweite autoritäre Regierungen stärkt, zu Repressionen beiträgt und die aktive Zivilgesellschaft schwächt. Auch in Demokratien sehen Experten Schwachstellen, die ausgenutzt werden können, wenn chinesische Technologie in den Überwachungssektor eingeführt wird.

Medialer Einfluss

Ein weiteres Feld, in dem Freedom House zufolge der chinesische Einfluss in Mitteleuropa und Zentralasien zunimmt, sind die Medien. Die chinesischen Behörden verfolgen demnach auf diesem Sektor drei Strategien: die Verbreitung der von der Kommunistischen Partei bevorzugten Narrative, die Unterdrückung von kritischen Stimmen und das Management von Content-Delivery-Systems.

In Tschechien sei beispielsweise Ende 2019 der Unternehmer und reichste Mann des Landes, Petr Kellner, beschuldigt worden, eine prochinesische Medienkampagne finanziert zu haben. Kellner verfolgt Geschäftsinteressen in China. In anderen zentral- und mitteleuropäischen Ländern haben chinesische Diplomaten laut der US-Bürgerrechtsorganisation freie Hand, Zeitungskommentare zu schreiben, die prochinesische Narrative propagieren.

Von Kampagnen zur Beeinflussung der Meinungsbildung sind neben Tschechien auch die EU-Mitglieder im Baltikum – Estland, Lettland, Litauen – sowie Polen, Ungarn und die Slowakei betroffen. Zudem werden in den als EU-Kandidatenländer geltenden Westbalkanstaaten Serbien, Bosnien-Herzegowina, Montenegro und Nordmazedonien laut Freedom House Kampagnen durchgeführt. Kosovo und Albanien fehlen in der Darstellung.

Schuldendiplomatie

Drittens gewinnt China der Bürgerrechtsorganisation zufolge über Schuldendiplomatie Einfluss. Dabei werden in Geldnot geratenen, infrastrukturell schwachen Ländern Mittel in einer Weise zur Verfügung gestellt, die politische Abhängigkeit schafft. Chinas Vorteil in der Region ist seine Fähigkeit, Kredite mit wenigen Bedingungen zu gewähren – im Vergleich zur EU, die strengere Richtlinien für die Kreditvergabe und die Rückzahlung finanzieller Unterstützung hat, heißt es in dem aktuellen Bericht.

Infolgedessen befindet sich die ausländische Verschuldung in der Region zunehmend in den Händen der chinesischen Regierung – im Fall von Tadschikistan sind es 41 Prozent, in Montenegro und Nordmazedonien 39 beziehungsweise 20 Prozent. Auch in Bosnien-Herzegowina wird über Schuldendiplomatie Einfluss geübt, geht aus dem Bericht "Nations in Transit" hervor.

Freedom House legt diesen jährlich seit 1995 mit Unterstützung der US-Entwicklungszusammenarbeitsbehörde USAID vor. Die 1941 von unter anderen Eleanor Roosevelt gegründete Organisation wird hauptsächlich von der US-Regierung finanziert. (APA, 7.5.2020)