"Diese Krise empfinde ich definitiv als ein historisches Ereignis, allein schon deshalb, weil sie die ganze Welt betrifft", sagt Peter Kogler.

Foto: Peter Kogler

"Ich empfinde diese Krise so, als hätte jemand auf die Pausetaste gedrückt. Alles stand plötzlich still. Das ist umso bemerkenswerter, wenn man die Geschwindigkeit bedenkt, die in der Zeit davor herrschte. In den ersten Tagen, also Mitte März, unternahm ich mit dem Fahrrad kleine Touren durch das menschenleere Wien. Der Wiener Graben ohne einen einzigen Menschen, das ist schon merkwürdig. Es stellte sich ein gewisser Grad der Abstraktion ein.

Ferner ließen mich diese Exkursionen Dinge entdecken, die mir in den 40 Jahren zuvor nicht aufgefallen waren. Meine Ausflüge brachten mich durch die ganze Stadt, vom Kahlenberg bis zum Zentralfriedhof. So bedrückend die Umstände waren, hatte das Ganze doch auch etwas ungemein Eindrucksvolles. Plötzlich schweiften die Blicke nach oben. Meist schaut man ja nur geradeaus oder auf die Seite.

An meinem Alltag hat sich ansonsten nicht besonders viel verändert. Morgens gehe ich in mein Atelier und am Abend nach Hause. Das ist gleich um die Ecke. Für einen Künstler ist es nichts Ungewöhnliches, allein im Studio zu arbeiten. Diese Krise empfinde ich definitiv als ein historisches Ereignis, allein schon deshalb, weil sie die ganze Welt betrifft. Das verändert den Blick auf die Dinge.

In welche Richtung das Pendel nun ausschlagen wird, vermag ich nicht zu sagen. Dieses Innehalten ist unter anderem natürlich auch für die schwierige Situation Europas von großer Relevanz. Viele Probleme sind plötzlich sichtbar geworden, die latent im Untergrund spürbar waren – sozial wie wirtschaftlich und klimapolitisch.

Mir fällt betreffend dieser Problematik auch die Abhängigkeit von den großen Blöcken wie China und den USA ein. Man könnte die ganze Geschichte durchaus als einen Wink mit dem Zaunpfahl betrachten. Das gilt selbstverständlich auch für die Kunstwelt. Was wird zum Beispiel aus all den Kunstmessen und Biennalen, die in wöchentlichen Intervallen überall auf der Welt eröffnet wurden? Ich weiß es nicht. Noch nicht." (Michael Hausenblas, 11.5.2020)