In Österreich sind ausreichend Zimmer frei. Wer nicht gut dasteht, erhält auch keine Kompensation.

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Diethold Schaar ist enttäuscht. Sein Landhotel Yspertal im südlichen Waldviertel mit 36 Zimmern steht wegen Corona wie tausende andere Beherbergungsbetriebe am Abgrund. Die groß angekündigten Hilfen der Regierung hält er für "unseriöse Ankündigungspolitik", denn für eine riesige Zahl an Betrieben gebe es nichts.

Schaar hat wie viele anderen ein Problem: Sein Betrieb erfüllt die Kriterien eines gesunden Unternehmens nicht, und für diese Firmen gibt es keine Unterstützung. Die Hausbank habe deshalb ein Ansuchen um einen Kredit mit Staatshaftung abgelehnt. Ohne das Geldinstitut geht es nicht, direkte Anträge bei den verschiedenen Förderinstitutionen sind nicht vorgesehen.

Hartes Schicksal

Das Schicksal des Landhotels Yspertal teilen viele Unternehmen. Ihre Eigenkapitalquote ist zu niedrig oder sogar negativ. Das ist beileibe nichts Außergewöhnliches: Laut einer Untersuchung der Wirtschaftskammer sind 24 Prozent der österreichischen Klein- und Mittelunternehmen überschuldet.

Sollen sie deshalb fallen gelassen werden? Ja, meinte Nationalbank-Gouverneur Robert Holzmann in einem Interview mit dem STANDARD, für das er nahezu von allen Seiten geprügelt wurde. Es müsse sichergestellt werden, dass nur überlebensfähige Unternehmen Unterstützung erhalten, hatte der Notenbankchef gemeint. Die Regierung ging zwar auf Distanz zu Holzmann, doch die Kriterien blieben.

Viele Kriterien

Eine Vielzahl an Bestimmungen soll sicherstellen, dass nicht gutes schlechtem Geld nachgeworfen wird. Das Landhotel Yspertal schaut wegen der Kriterien durch die Finger, doch ist es deshalb krank? Schaar sagt, die Überschuldung sei eine Folge der Finanzkrise. Er hatte das Hotel wenige Monate vor der Lehman-Pleite erworben, danach krachten die Immobilienpreise, Wertberichtigungen wurden erforderlich.

Schramböck, Blümel und Treichl finden, dass die Hilfen gut ankommen.
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Auch Fehler habe er gemacht, doch seit vier Jahren gehe es bergauf: schwarze Zahlen, im Vorjahr ein Gewinn von 20.000 Euro. Unternehmer Schaar: "Heuer war das erste Jahr, in dem ich ohne Sorgen in die Zukunft geblickt habe. Die Vorreservierungen waren super." Dann kam das Virus.

Österreich gegen EU

Ein Teil der Bestimmungen, insbesondere für größere Unternehmen, ist keine österreichische Erfindung. Vielmehr sorgt das EU-Beihilfenrecht dafür, dass die Staaten einzelnen Betrieben mit öffentlichen Geldern keinen Wettbewerbsvorteil gewähren. Finanzminister Gernot Blümel und Wirtschaftsministerin Margarete Schramböck (beide ÖVP) haben schon mehrere Initiativen ergriffen, um die Regeln zu lockern.

Einiges wurde erreicht: So kann der Staat für kleine Kredite bis 500.000 Euro eine Haftung von 100 Prozent übernehmen. Davor waren nur 90 Prozent möglich. Doch bei den Kriterien für gesunde Unternehmen beißt sich die Regierung bisher die Zähne aus, was zu immer härteren Wortwechseln führt. Blümel: "Die EU-Bürokratie ist eine existenzielle Bedrohung für viele unserer heimischen Unternehmen." Blümel geht es um den Verschuldungsgrad, aber auch um die Vorschrift, dass nicht mehr als das halbe Stammkapital durch Verluste aufgebraucht wurde.

Krank oder gesund?

Ein Beispiel: Ein steirischer Malereibetrieb mit 50 Mitarbeitern verfügt über zehn Prozent Eigenkapitalquote, hat aber das hohe Stammkapital von 500.000 Euro durch länger zurückliegende Verluste zu mehr als der Hälfte aufgezehrt. Das Unternehmen ist daher nicht förderwürdig. EU-Kommissarin Margrethe Vestager hat ein Gespräch in Aussicht gestellt, allerdings wird auch betont, dass man bisher ohnehin alle Förderansuchen genehmigt habe.

Die öffentlichen Anschuldigungen aus Wien hält man für deplatziert, wie ein hoher Beamter in Brüssel meint. Das sieht auch Peter Bartos, Managing Partner bei der Beratungsgruppe BDO, ähnlich: "EU-Bashing ist nicht angebracht", sagt er. Die größeren Probleme sieht er in den rigiden Bestimmungen in Österreich. Liquiditätshilfe dürfe nicht für Investitionen verwendet werden, nennt er ein Beispiel, bei dem sich das Land ohne Zwang eingeengt habe.

Kompliziertes Prozedere

Bartos beklagt auch ein kompliziertes Prüfprozedere, das über Hausbank, Fördereinrichtung und die neue Agentur Cofag geht. Das nationale Prozedere sei der wichtigste Grund dafür, dass Krisenhilfe nicht gut funktioniere.

Hotelier Schaar würde die Angelegenheit ohnehin anders bereinigen: Angesichts der Vielzahl an Vertragsverletzungsverfahren wirkt es für ihn seltsam, dass Österreich ausgerechnet in der existenziellen Frage der Hilfen auf das Einvernehmen mit der EU-Kommission warte. (Andreas Schnauder, 7.5.2020)