Am Dienstag hatten Fremdenpolizisten die beiden georgischen Familien abgeholt.

foto elmar gubisch

Wien – Die Normalisierungsschritte nach dem Corona-Lockdown machen auch vor dem Fremdenwesen nicht halt: Am Donnerstag startete nach mehrmonatiger Pause erstmals wieder ein größerer Abschiebeflieger in Wien; in den Wochen zuvor hatte es laut Innenministerium nur Einzelabschiebungen gegeben.

Ziel der Maschine, die mit weniger als zehn außer Landes zu bringenden Menschen und begleitenden Polizisten besetzt war, war die georgische Hauptstadt Tiflis. Gerüchten zufolge hätten ursprünglich weit mehr Personen mitfliegen sollen. Etlichen jedoch sei in letzter Minute aufschiebende Wirkung gewährt worden.

Aus Oberösterreich abgeholt

Nicht mit an Bord befanden sich auch zwei georgische Familien mit Kindern, um die es in den 48 Stunden davor große Aufregung gegeben hatte. Am Dienstag waren sie von der Fremdenpolizei aus ihren Wohnungen in Oberösterreich abgeholt und nach Wien in die Familienschubhaft in der Zinnergasse gebracht worden.

Der Abtransport kam für sie ebenso völlig überraschend wie für ihre Unterstützer und Vertreter. Beide Familien hatten sich, im Asylverfahren rechtskräftig negativ beschieden, aus Eigenem zum Verlassen Österreichs entschlossen.

Würdige Rückkehr geplant

Mit der Rückkehrberatung der Caritas hatten sie bereits ein diesbezügliches konkretes Vorgehen samt Ausreisefristen vereinbart. Die eine Familie hätte noch bis 25. Mai, die andere bis 15. September in Österreich bleiben sollen, um ihre Rückkehr ins Heimatland geplant und würdig zu bewerkstelligen.

Derlei Vereinbarungen wurden bis dato vom Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (BFA) immer respektiert. Diesmal sah man es im Innenministerium anders. Trotz vereinbarter Fristen hätten ausreisepflichtige Fremde "die Verpflichtung, ehebaldigst auszureisen. Wenn Ausreisemöglichkeiten vorhanden sind, dann sind diese zu nutzen", argumentierte das eine Innenministeriumsbeamtin in einer dem STANDARD vorliegenden Mail.

Schlag für System der freiwilligen Rückkehr

Ein solches Vorgehen würde "das funktionierende, von der EU unterstützte System der freiwilligen Rückkehr ad absurdum führen", kommentiert das Herbert Langthaler von der NGO Asylkoordination. Im Innenministerium sei man davor in letzter Minute zurückgeschreckt. Wohl auch, weil ein Abtransport nach Georgien in Zeiten der Corona-Krise "völlig verantwortungslos" wäre: "In dem Land wurde vor kurzem der Ausnahmezustand bis Ende Mai verlängert." Die betroffenen Familien hätten ohne jede Vorbereitung in ein Land mit strengen Ausgangssperren zurückkehren müssen. (Irene Brickner, 7.5.2020)