Aus der langen Titel-Übersicht des MedMedia-Fachverlags des Industriellen Josef Taus – von "Zahn-Krone" bis "Parkinson Nachrichten".

Foto: MedMedia Screenshot

Die Wettbewerbsbehörde erwartet einen marktbeherrschenden Player im Bereich der Medizin-Fachmedien, wenn sich die österreichischen Fachverlage Medmedia und Universimed wie geplant zusammentun. Die Behörde hat den Zusammenschluss der beiden medizinischen Fachverlage aber nun genehmigt – mit einer Reihe von Vorgaben und Bedingungen. Die Auflagen verlangen etwa wörtlich, dass das fusionierte Unternehmen "keinesfalls versucht, die Redaktionen im Sinne großer Anzeigenkunden zu beeinflussen".

"Gemeinsam verfügen Medmedia/Universimed nach der Durchführung des Zusammenschlusses über das zahlenmäßig größte und thematisch vielfältigste Portfolio medizinischer Fachzeitschriften am österreichischen Markt", analysiert die BWB auf ihrer Homepage den Zusammenschluss.

Medmedia gehört Taus-Stiftung

Wem gehören Medmedia und Universimed? Die Gruppe Medmedia, die etwa auch Ärzte-Krone, Zahn-Krone, Apo-Krone, Apo-Rätsel, Gyn-Aktiv, Pharmaustria und Parkinson Nachrichten herausgibt, gehört zu wesentlichen Teilen der Industriellenfamilie von Josef Taus (MTB Beteiligungen AG). Die Universimed gehört Geschäftsführer Wolfgang Chlud und dem Mediziner Bartosz Chlap. Sie haben laut BWB beantragt, ihre Geschäftsbereiche "Medizinischer Fachverlag" in einer gemeinsamen Holding zusammenzulegen.

"Marktbeherrschung"

Der Befund der Behörde: "Das Vorhaben führt zu Marktanteilen, welche die Schwellen für die Vermutung einer Marktbeherrschung überschreiten."

Aber: Die Werbeumsätze vieler Marktteilnehmer seien "tendenziell, insbesondere im Bereich der klinischen Fachzeitschriften, rückläufig". Zudem seien in jüngster Vergangenheit "zahlreiche" Fachzeitschriften eingestellt worden oder hätten den Besitzer gewechselt. "Die Marktbefragung bestätigte die Gefahr weiterer Titeleinstellungen sowie die Gefahr einer Marktabschottung", erklärt die BWB die Genehmigung mit Auflagen. Die Behörde hat Wettbewerber und Pharma-Werbekunden befragt.

Die Auflagen der Behörde

Die BWB verbietet eine Reihe von Titeln der beiden Verlage vorerst in den ersten sieben Jahren nach der Fusion einzustellen – wenn nicht Miteigentümer wie medizinische Fachgesellschaften das verlangen oder es "aus betriebswirtschaftlichen Gründen zwingend erforderlich" sei. Vor einer Einstellung müssen die fusionierten Verlage die Titel zum Verkauf anbieten.

Die laut Auflagen betroffenen Titel von Medmedia sind Diabetesforum, Spectrum Dermatologie, Gyn-Aktiv, krebs:hilfe (dazu gibt es eine vertrauliche Auflage), Spectrum Onkologie, Fakten der Rheumatologie, Spectrum Urologie, Spectrum Pathologie. Betroffene Medien der Universimed: Allgemeine+, Urologie und aus der "Jatros"-Reihe Diabetologie & Endokrinologie, Dermatologie & Plastische Chirurgie, Gynäkologie & Geburtshilfe, Hämatologie & Onkologie, Orthopädie & Traumatologie, Rheumatologie.

"Keinesfalls im Sinne großer Anzeigenkunden beeinflussen"

Die Redaktionen dieser Medien müssen laut Auflagen unabhängig weitergeführt werden. Wörtlich verlangt die Behörde: "Wie bisher werden die Anmelder, soweit sie auch Herausgeber der Betroffenen Titel sind, keinesfalls versuchen, die Redaktionen im Sinne großer Anzeigenkunden zu beeinflussen, um aus solchen Gründen Artikel nicht zu veröffentlichen."

Denkmöglich wären auch andere Fälle – dass Artikel gerade aus solchen Gründen erscheinen.

Die Auflagen verbieten Angebote an Werbekunden, die eine alleinige Schaltung bei dem fusionierten Verlag bedingen. Und: "Die Anmelder unterlassen ebenso künftig die Anwendung von Rabatten oder sonstigen Vorteilen (z. B. Naturalrabatte), die im Sinne der einschlägigen kartellrechtlichen Vorschriften, insbesondere des Verbots des Missbrauchs einer markbeherrschenden Stellung und der dazu ergangenen Rechtsprechung als missbräuchlich zu qualifizieren sind (z. B. im Sinne dieser Rechtsprechung missbräuchliche Treuerabatte, Zielrabatte, Spitzenrabatte)."

Der fusionierte Verlag muss der Behörde jährlich berichten, wie er die Auflagen eingehalten hat. Nach sieben Jahren beurteilen BWB und Bundeskartellanwalt, ob weitere Auflagen nötig sind.

Einschränkung all der Auflagen: Wenn sich "die Marktverhältnisse wesentlich ändern, werden die Amtsparteien mit den Anmeldern Gespräche über eine Änderung der Verpflichtungszusagen führen".

Auflagenpause für ProSiebenSat1Puls4 und ATV verlängert

Die Wettbewerbsbehörden haben gerade Auflagen für den marktbeherrschenden Privatfernsehkonzern ProSiebenSat1Puls aus der Übernahme von ATV 2017 mit Blick auf die Corona-bedingte Wirtschafts- und Werbekrise ausgesetzt. Die Behörden haben diese Pause gerade bis Ende Juni verlängert. (fid, 8.5.2020)