Schöne Ausblicke am Ammersee in Bayern. Wenn die Wohnung denn stimmt.

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Eine meiner ersten Wohnungen, die ich auf eigene Faust bezog, war lediglich ein kurzer Abschnitt in meinem Leben. Für ein Praktikum bei einer süddeutschen Zeitung suchte ich für zwei Monate eine Bleibe. Da ich erst sehr spät die Zusage bekommen hatte, gestaltete sich die Wohnungssuche zu einer Hund-unter-Esstisch-Situation. Gleichzeitig ließ das doch mickrige Praktikantengehalt auch mit mehr Zeit nicht mehr Spielraum zu.

Auf Airbnb wurde ich tatsächlich fündig. Ich traute meinen Augen kaum. Jemand vermietete eine bezahlbare Einzimmerwohnung mit Blick auf und Gehweite zum Ammersee. Ich schlug sofort zu, und ich kann Ihnen sagen, besonders im Hinblick auf die aktuelle Situation: An so einem See zu wohnen, das ist ein absoluter Traum. Die Ruhe, die Sonnenuntergänge, das Wasser – das sind tolle Erinnerungen. Zumindest anfangs.

Spinnen, Busse und Hakenkreuze

Wenn ich länger über diese Wohnung nachdenke, fällt mir ein, dass sie ein altes Kunstatelier war, das eher dürftig als alles andere umgebaut war. Die Feuchtigkeit stand auch im heißesten Sommer im Raum, was Spinnen nur so auf den roten Teppich einlud. Internet gab es nicht, heißes Wasser war auch nur selten da, und wenn ich kein Auto gehabt hätte, wären auch noch unlösbare Logistikprobleme dazugekommen – der Bus fuhr alle zwei Stunden.

Die Nachbarin, die mir nach rund zwei Wochen in besagtes und geparktes Auto raste, versicherte mir nebenbei, dass der Vermieter die Bruchbude eigentlich gar nicht vermieten dürfe. Das musste ich dann erst mal auf dem Weg durch seinen Skulpturengarten, den er mit Kunstwerken bestückte, die gerne auch mal ein Hakenkreuz zur Schau trugen, sacken lassen.

Mit der Zeit habe ich die schlechten Erinnerungen verdrängt und nur die guten Momente im Gedächtnis behalten. Erzähle ich die Geschichte heute, sage ich nur, ich habe direkt am Wasser gewohnt. (Thorben Pollerhof, 09.05.2020)