Kommissionsvizepräsident Maros Sefkovic.

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Die digitale Wirtschaft wird bei der ökonomischen Erholung der Europäischen Union und der Bekämpfung des Virus eine wichtige Rolle spielen. Darin waren sich EU-Kommissionsvizepräsident Maros Sefkovic, der EU-Chefvertreter des chinesischen Konzerns Huawei, Abraham Liu, die Vizepräsidentin der Europäischen Investitionsbank (EIB), Emma Navarro, und die Europaabgeordnete Eva Kaili am Freitag einig.

Die EU-Kommission will sich laut EU-Kommissionsvizepräsident Sefcovic bei ihrer Arbeit zur Bewältigung der Coronakrise auf drei Aspekte konzentrieren: einerseits die Maßnahmen zur Abfederung der wirtschaftlichen Folgen im Sinne des Green Deal genannten europäischen Klimaschutzplanes, zweitens die Regulierung von Technologiekonzernen und drittens die Stärkung der Krisenfestigkeit der EU.

Die Mittel des geplanten Wiederaufbaufonds dürften nicht in veraltete Technologien fließen, sagte der für Zukunftsforschung zuständige EU-Kommissar in einer Online-Diskussion zur "Rolle der IKT auf dem Weg zu einem neuen Marshallplan für Europa", die von Huawei und dem Mediennetzwerk Euractiv organisiert wurde. "Das Geld muss an Projekte gehen, die uns nach vorne bringen", so Sefcovic.

"Smarte Infrastruktur"

Für Liu, Chef-Vertreter des chinesischen Konzerns Huawei bei den EU-Institutionen, werden die digitalen Technologien und die IKT-Infrastruktur die wirtschaftliche Erholung ermöglichen, zahlreiche Innovationen in den Bereichen Medizin, Transport und "smarter Infrastruktur" unterstützen sowie einen wesentlichen Beitrag bei der Umsetzung des Green Deals leisten. Während der Krise habe die digitale Technologie bereits eine Schlüsselrolle gespielt, zum Beispiel bei der Kommunikation.

Huawei sei bereits seit zwanzig Jahren in der EU tätig, erinnerte er. Als Anbieter von IKT-Infrastruktur und "intelligenten Geräten" hat es für den Konzern laut Liu Priorität, auch künftig eine verlässliche Vernetzung in Europa sicherzustellen. "Wir sehen es als unsere Pflicht an, die Wirtschaft der EU nach der Pandemie zu unterstützen", so der Vertreter des umstrittenen Tech-Giganten.

Aufgrund der "neuen Machtposition" von Technologiekonzernen stellt sich laut EU-Kommissar Sefcovic die Frage, wie diese künftig kontrolliert werden sollen. Sowohl kleine als auch große Unternehmen sowie Regierungen seien in der Krise stark auf Informations- und Kommunikationstechnologien (IKT) angewiesen gewesen. Um die Widerstandsfähigkeit der EU zu stärken, ist ihm zufolge des Weiteren eine Diversifizierung der Länder, aus denen wichtige Rohstoffe bezogen werden, notwendig. Zudem müssten Lager innerhalb der Europäischen Union angelegt und die globalen Wertschöpfungsketten an die neue Situation angepasst werden.

"Schlüsselstrategie"

Auch Emma Navarro, Vizepräsidentin der Europäischen Investitionsbank (EIB), meint, dass die Stärkung der digitalen Wirtschaft eine "Schlüsselstrategie" des Aufbauplans für die Europäische Union sein müsse. Dies bedeutet nach Ansicht von Navarro die ökonomische Widerstandsfähigkeit zu steigern. Die EU hinke in Sachen digitale Wirtschaft bereits China und den USA hinterher. Teil des dreigliedrigen Coronahilfspakets der EU in Höhe von rund 500 Mrd. Euro ist ein 200 Mrd. Euro schwerer Garantiefonds für Unternehmen der EIB, der von den EU-Ländern besichert wird. Damit sollen auch riskantere Projekte als üblich gefördert werden, so Navarro.

Die griechische Europaabgeordnete Eva Kaili stimmte zu, dass die EU krisenfester werden und vernetzt bleiben müsse. Es sei jedoch zu vermeiden, dass aus einer Gesundheits- und Wirtschaftskrise auch eine politische Krise werde. "Wir müssen die Demokratie schützen", sagte sie und warnte vor Ausgrenzung und Diskriminierung durch die Nutzung von Kontaktverfolgungs-Apps zur Eindämmung des Coronavirus.

Sollten Menschen dadurch beispielsweise von der Nutzung der öffentlichen Verkehrsmittel ausgeschlossen werden, handle es sich dabei um Diskriminierung. "Ohne neue Technologien gibt es keine Rückkehr zur 'Neuen Normalität'", ist die Sozialdemokratin gleichzeitig überzeugt. Kaili fordert Alternativen für deren Einsatz bei Prävention, Diagnostik und Behandlung sowie Finanzierung für die neuen Werkzeuge wie 3D-Drucker. Diese existierten bereits, wurden jedoch bisher nicht angemessen genutzt.

Unterschiedliche Standards

Als Problem für die Erforschung der Coronapandemie sieht sie auch die unterschiedlichen Standards bei Datenmaterial. "Wir haben die Daten, aber aufgrund fehlender gemeinsamer Standards können die Wissenschafter sie nicht verwenden", so die EU-Mandatarin.

Huawei-Vertreter Liu erklärte, dass das Unternehmen in China und Europa eng mit der Industrie zusammenarbeite, um unter anderem die Diagnostik zu verbessern. Dabei gehe es auch um den Einsatz von Künstlicher Intelligenz (KI).

Als Hersteller von Smartphone-Geräten wolle Huawei jede Software zulassen, die den EU-Richtlinien und der EU-Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) entsprechen, so Liu in Hinblick auf Contact-Tracing-Apps. Auch für Apple- und Google-Produkte solle es keine technischen Einschränkungen geben. Neue Huawei-Modelle hatten wegen US-Sanktionen gegen die Firma zuletzt ohne Google-Dienste verkauft werden müssen. (APA, 8.5.2020)