(Muttertag 1962. Ein Schlafzimmer. Im Bett, in geschlechtlicher Vereinigung, das jung verheiratete Paar Rosa (23) und, über ihr, Gerulf (25).)

GERULF (atemlos): Ja! Ja! Das ist gut! Weiter so, Mutter, ja! Ich liebe dich! Weiter, Mutter, weiter! Ja! Jetzt! Ahh! (Bäumt sich auf, sackt dann zusammen und rollt sich schwer atmend zur Seite.)

(Pause)

GERULF (küsst Rosa auf die Wange): Das war schön.

ROSA: Naja. Ich finde es nicht besonders motivierend, wenn du dabei dauernd von deiner Mutter redest.

GERULF (errötet): Von meiner Mutter? Wie kommst du darauf?

ROSA (imitierend): Ja, Mutter! Weiter so, Mutter! Das ist gut, Mutter! Ich liebe dich, Mutter!

GERULF (nervös): Ach, das … Das ist … Das ist ein … Eine Sprachstörung … Eine Sprachstörung, ja! Ich hatte gehofft, ich würde sie vor dir verheimlichen können. Es ist nichts Besorgniserregendes, sie tritt nur auf, wenn ich erregt oder in Ekstase bin. Dann bringe ich kein -nt heraus, sondern nur ein Doppel-t, ich weiß nicht, warum. Was ich sagen wollte, war … Munter, ja … Weiter so, munter weiter, das wollte ich sagen, aber für dich muss es geklungen haben wie –

ROSA: Jaja. Schon gut.

Foto: APA/dpa/Christophe Gateau

(Pause)

(Pause)

(Pause)

GERULF (wendet sich wieder Rosa zu und streichelt sie): Rosa? Ich liebe dich. Jeder Tag mit dir ist für mich wie ein Sottag. – Ah, siehst du, da ist wieder!

ROSA: Ich habe es gehört.

GERULF (streichelt sie weiter): Komm. Ich möchte gern noch einmal mit dir ittim werden. Ach, verdammt, schon wieder. Ich wollte, ich kötte –

ROSA (ärgerlich): Ich habe verstanden! Und jetzt hör auf zu reden und lass uns endlich finken.

GERULF (erstaunt): Wie, du auch?

ROSA: Was, ich auch?

GERULF: Du hast auch eine Sprachstörung?

ROSA: Nein, warum?

GERULF: Du hast gesagt "finken", aber richtig es heißt doch –

ROSA (hält ihm den Mund zu): Still! So etwas sagt man nicht!

(Vorhang)
(Antonio Fian, 8.5.2020)