Eine polnische Fahne im ehemaligen Krematorium. . Unter den Opfern waren besonders viele polnische Staatsbürger.

Foto: APA/AFP/JOE KLAMAR

Ein Modell des Lager Gusen 1, angefertigt nach den Erinnerungen des Überlebenden Elia Mondell.

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Mauthausen/Wien – Die Republik kauft das ehemalige Konzentrationslager Gusen. Am Freitag wurde beschlossen, in Verhandlungen mit den Grundeigentümern einzutreten. "Der Ankauf der noch vorhandenen Teile des Außenlager Gusen ist gerade heuer, 75 Jahre nach der Befreiung, ein wichtiger Schritt, um unserer historischen Verantwortung auch konkrete Taten folgen zu lassen", so Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP).

Man wolle mit dem Schritt ein würdiges Gedenken an die Opfer sicherstellen, hieß es am Freitag seitens der Bundesregierung. Basis des Kaufs soll ein bereits vorliegendes Verkehrswertgutachten der Liegenschaften bilden. Bei der Realisierung des Projektes sei "auf ortsübliche, angemessene Liegenschaftspreise zu achten", betonte das Innenministerium.

Termin unklar

Wann mit einem Abschluss zu rechnen ist, hänge vom Fortschritt der Verhandlungen ab und könne daher noch nicht abgeschätzt werden. Jedenfalls will man mit allen verkaufsbereiten Eigentümern der verbliebenen historischen Gebäude und Grundstücke verhandeln.

Für die weitere Gestaltung liegt bereits eine Machbarkeitsstudie auf dem Tisch, die mehrere Szenarien vorsieht, wie man das Areal für die Öffentlichkeit aufbereiten könnte. Wie genau das Areal künftig aussehen wird, soll nach Abschluss der Ankaufsverhandlungen entschieden werden.

35.000 Menschen ermordet

Gusen war ein Außenlager des Konzentrationslagers Mauthausen, das am 5. Mai von US-Truppen befreit worden ist. Insgesamt waren in Mauthausen und seinen Nebenlagern an die 200.000 Menschen inhaftiert, etwa die Hälfte davon überlebte nicht. Allein in Gusen waren zum Zeitpunkt der Befreiung rund 20.000 Häftlinge interniert, 35.000 Menschen sind dort binnen weniger Jahre ermordet worden.

Während das ehemalige Konzentrationslager Mauthausen 1947 der Republik Österreich mit der Auflage übergeben wurde, eine Gedenkstätte zu errichten, und sich das Gedenken seither auf diesen Ort konzentrierte, geriet Gusen zunehmend in Vergessenheit. Nur eine kleine Gedenkstätte erinnert derzeit an die Opfer des Lagers, das zeitweise sogar größer war als das Stammlager Mauthausen und eine besonders hohe Todesrate aufwies.

Polen bekundete Interesse

Vor dem Hintergrund des Schattendaseins der Gedenkstätte Gusen und da unter den Häftlingen viele Polen waren, hatte der polnische Premierminister Mateusz Morawiecki im Vorjahr Interesse bekundet, Überreste des ehemaligen Lagers Gusen zu kaufen. Die nunmehrige österreichische Bundesregierung hat aber in ihr Programm geschrieben, dass die Republik Österreich das Areal erwerben will und geht nun in die Umsetzung.

"Das ehemalige KZ Mauthausen mit seinen Außenlagern steht wie kein anderer Ort in unserem Land für die Schrecken des NS-Terrorregimes", betonte Kurz. Vizekanzler Werner Kogler (Grüne) unterstrich, es sei wichtig, "dass in Gusen eine mahnende und würdige Gedenkstätte errichtet wird. Denn die Erinnerung an die vielen Opfer der Naziverbrechen und an den Völkermord bleibt eine moralische und eine politische Verpflichtung, die den antifaschistischen Grundkonsens der Zweiten Republik täglich von Neuem begründet."

Nehammer für würdiges Gedenken

Indem Österreich die verbliebenen Liegenschaften des KZ Gusen erwerbe und die bestehende Gedenkstätte weiterentwickele, "kann ein würdiges Gedenken an die Opfer des ehemaligen KZ Mauthausen-Gusen gewährleistet werden", so Innenminister Karl Nehammer (ÖVP). Diese "zentralen Orte der NS-Terrorherrschaft in Österreich stehen bis heute als Symbol für den Holocaust" und würden an die Morde, aber auch an die Mitverantwortung von Österreichern an diesen Taten erinnern.

Der oberösterreichische Landeshauptmann Thomas Stelzer (ÖVP) erinnerte an die "Verantwortung, die uns aus den dunklen Stunden unserer Geschichte erwächst. Die Gedenkstätten sind jene Orte, an denen diese Erinnerung wach gehalten wird. Daher ist es wichtig, diese Orte für ein zeitgemäßes Gedächtnis zu bewahren." (APA, 8.5.2020)