Im Jahr 2018 betrug laut Umweltbundesamt der Anteil des Verkehrssektors am Treibhausgasausstoß Österreichs 30 Prozent. In ganzen Zahlen ausgedrückt heißt das: Alle Verkehrsmittel zusammengenommen produzierten in Österreich 23,9 Millionen Tonnen CO2-Äquivalent. Damit ist der Verkehr der zweitgrößte CO2-Emittent Österreichs, direkt hinter dem Industriesektor. Es ist auch deshalb unumstritten, dass die Verkehrswende einer der wichtigsten Schritte im Kampf gegen den Klimawandel ist. 

In Österreich und Deutschland wird durch die jeweiligen Bundesregierungen besonders öffentlichkeitswirksam die Elektro-Mobilität gefördert. Aber reicht das auch? Reicht eine Antriebswende – oder ist vielmehr eine ganzheitliche Verkehrswende in Europa nötig?

Förderung der Elektromobilität

Um die Klimaziele bis 2030 erfüllen zu können, fördert die Bundesregierung in Wien massiv die Anschaffung von Elektroautos. Wer sich dieses Jahr ein E-Auto anschafft, kann von den erneut erhöhten Förderungen profitieren. Die „E-Mobilitätsoffensive“ aus Wien fördert fast alles, was einen Elektroantrieb hat: PKW, Mopeds, E-Bikes, Lastenfahrräder.

Aber die Förderungen der österreichischen Bundesregierung sind im internationalen Maßstab noch viel zu niedrig: Wenn das Auto weniger als 50.000 Euro kostet, kann jeder eine Förderung von 3.000 Euro durch die Bundesregierung in Anspruch nehmen. Noch eine Förderung von 1.500 Euro erhält man für einen Plug-In-Hybrid oder einen Range-Extender. Zusätzlich gibt es noch eine Förderung einer Wallbox in Höhe von 200 Euro. Doch das ist viel zu wenig, um auch nur eine Antriebswende zu realisieren. Vergleicht man die Förderung mit der deutschen Bundesregierung, fällt auf, dass Wien nur halb so viel pro Auto investiert wie Berlin. In Deutschland zahlt die Bundesregierung bis zu 6.000 Euro pro Fahrzeug. Dazu kommen noch weitere Förderungen aus den Bundesländern in einem ähnlichen unübersichtlichen Wirrwarr wie in Österreich.

Antriebswende oder Verkehrswende?

Mit der Förderung von E-Autos fördert die Bundesregierung in Wien aber effektiv nicht die Verkehrswende, sondern nur die Antriebswende. Es ist richtig, dass E-Autos umweltfreundlich unterwegs sind – aber ihre Klimabilanz ist immer noch alles andere als ökologisch wertvoll.

Auch die anderen Probleme, die durch den enormen Auto-Verkehr in den Städten entstehen, werden durch E-Autos nicht gelöst. Vor dieser Perspektive ist der Vorschlag, Busspuren für E-Autos zu öffnen, nicht mehr als ein schlechter Witz. 

Die Verkehrswende ist aber dringend nötig – aus städtebaulicher wie klimapolitischer Sicht. Denn den immer weiter steigenden Bedarf an Verkehr werden weder E-Autos noch eine immer weiter ausgebaute Auto-Infrastruktur bewältigen können. Die Klimaziele aus aller Welt lassen sich nicht erreichen, wenn weiter E-Autos produziert werden, die in ihrer Herstellung unglaublich energieintensiv sind.

Unbestritten ist, dass dieses Problem in erster Linie ein Problem der Städte und Ballungsräume ist. Auf dem Land wird es noch dauern, bis realistische Konzepte des öffentlichen Nahverkehrs entwickelt werden können. Den Mobilitätsbedarf hier auch nur ansatzweise wirtschaftlich mit öffentlichen Verkehrsmitteln zu decken, ist eine Problemstellung, die bisher niemand befriedigen konnte. Hier bleibt nur den Verkehr zu reduzieren und möglichst emissionsfrei zu gestalten. Auf dem Lande ist das E-Auto wahrscheinlich wirklich das Verkehrsmittel der Zukunft. Aber in Österreich leben fast 60 Prozent der Bürger in Städten.

Wie leer gefegt: Die Wiener Ringstraße.
Foto: AP Photo/Ronald Zak

Coronakrise: Beschleuniger oder Bremser der Verkehrswende?

Aus umweltpolitischer Sicht scheinen die Folgen der Coronakrise begrüßenswert, denn Flugzeuge bleiben am Boden, es fahren wesentlich weniger PKW, die Industrie fährt ihre Fabriken runter und damit sinkt der CO2-Ausstoß. Laut Prognosen erreicht der Nachbar Deutschland überraschend sein Klimaziel für 2020

Doch es wird auch diskutiert: Politiker und Parteien diskutieren über ausbleibende Klimaeffekte des Lockdown, werfen einander verfehlte Politik vor, während ebenfalls über die Faktenlage diskutiert wird: Bleiben bemerkbare Effekte aus, weil einfach zu wenig Zeit verstrichen ist? Gleichzeitig merken viele Stadtbewohner an, dass zumindest die Luftqualität besser geworden sei. Ist am Ende alles unnötig?

Verkehrswende muss zuerst in der Stadt gelingen

Der Klimawandel existiert. In den Städten und Ballungsräumen und im Fernverkehr könnte die Politik einen ganzheitlichen Verkehrsmix fördern. Anstelle E-Autos kann der Verkehr in der Stadt mit Straßenbahnen erfolgen, gesonderte Radwege (von vielen seit Jahren gefordert) bieten Sicherheit für alle, die so gut wie vollständig klimaneutral von A nach B radeln und 30er-Zonen regulieren den unbedingt nötigen Autoverkehr im Sinne des Klimas, der Luftverschmutzung und der Sicherheit von Fußgängern und Radfahrern.

Parallel zur Förderung von E-Autos muss Wien noch viel intensiver daran arbeiten, den Verkehr tatsächlich von der Straße auf die Schiene umzuleiten. Denn die Eisenbahn ist das umweltfreundliche und effiziente Verkehrsmittel. In Deutschland gelingt dies ganz langsam, wie die Allianz Pro Schiene bekannt gab. Im inländischen Verkehr ist die Eisenbahn das einzige Verkehrsmittel, das einen immer größer werdenden Anteil erobern kann. Und währenddessen in Österreich? Befindet sich die österreichische Verkehrspolitik „im Rückwärtsgang.“

Eine weitere Alternative, bei der ich mich mal ganz weit aus dem Fenster lehne: Leiten wir den existierenden Verkehr auf digitale Wege um. Die Coronakrise zeigt zumindest eines sehr deutlich: Nicht alle Meetings, Geschäftsreisen und Autofahrten sind nötig. Digitale Tools, Online-Plattformen können und Videokonferenz-Systeme speziell für Unternehmen können CO2-Ausstoß minimieren, Umwelt schonen und ein guter Ersatz sein für unnötige Reisen. Videostreaming kann die Umwelt schonen - zumindest im Verhältnis betrachtet. Genauso wird aber auch über die Umweltgefahr durch Streams gesprochen. Am Ende gibt es keine einfache Lösung für ein komplexes Problem, es kann nur eine gemeinsame durchdachte Lösung geben. (Christian Allner, 27.5.2020)

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