Am Freitag sperren die Gasthäuser wieder auf. Ab Juli und vorerst bis Jahresende zahlen sie geringere Steuern auf alkoholfreie Getränke.

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Wien – Am Sonntag hieß es noch, das Wirte-Paket würde 400 Millionen Euro schwer. In der Nacht auf Montag kamen nicht nur weitere 100 Millionen obendrauf. Zum Wochenauftakt verriet die Bundesregierung auch die konkreten Maßnahmen, die das Wirte-Paket enthält. Eine halbe Milliarde aus dem 38 Milliarden schweren Corona-Hilfspaket soll also an die heimische Gastronomie gehen. Der Kerngedanke des Hilfstopfs: Entlastungen.

Dabei will die Bundesregierung allerhand entlasten. Allen voran die Betriebe selbst. Die Mehrwertsteuer auf alkoholfreie Getränke wird auf den niedrigst möglichen Steuersatz von zehn Prozent gesenkt. Ab Juli soll die Maßnahme gelten, sie ist auf die zweite Jahreshälfte und damit bis Jahresende befristet, wie Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) am Montag auf Nachfrage verriet. Eine steuerliche Erleichterung alkoholischer Getränke sei aufgrund des EU-Rechts nicht möglich. Die Begünstigung alkoholfreier Getränke gelte nur für die Gastronomie, nicht aber für den Handel, hieß es vonseiten einer Regierungssprecherin gegenüber dem STANDARD.

Allerlei Entlastungen

Eine dauerhafte Entlastung soll dafür die Anhebung der Obergrenze für pauschalierte Betriebe sein. Laut Tourismusministerin Elisabeth Köstinger (ÖVP) soll diese von 255.000 auf nunmehr 400.000 Euro ansteigen. Die Mobilitätspauschale für Dorfwirtshäuser soll von zwei auf sechs Prozent steigen. Die Ministerin sprach von einer "spürbaren Entbürokratisierung".

Dazu kommt: Die Schaumweinsteuer von einem Euro pro Liter wird abgeschafft, Essensgutscheine für Mitarbeiter werden statt bisher bis 4,4 Euro bis zu acht Euro steuerfrei gestellt, Geschäftsessen noch weiter steuerlich absetzbar gemacht – zu 75 Prozent statt bisher 50. Das entlaste den Konsum, sagte der Bundeskanzler. Und zwar um bis zu 175 Millionen Euro.

Preise sollen gleich bleiben

Ministerin Köstinger sagte, die Wirte sollen die Getränkepreise trotz Steuersenkung gleich lassen. Allein aus dieser Maßnahme würde die Gastronomie um rund 200 Millionen entlastet. In einer Marktwirtschaft bleibt es Unternehmen selbst überlassen, ob sie steuerliche Erleichterungen an die Konsumenten weitergeben, sagt Oliver Fritz, Experte am Wirtschaftforschungsinstitut (Wifo). Allerdings zeige die Erfahrung, dass solche Erleichterungen selten über die Preise an die Konsumenten weitergereicht würden.

Fritz sieht in dem Maßnahmenpaket der Regierung viele kleine Schrauben zur Sicherstellung der Liquidität der Betriebe. Allerdings gibt er zu bedenken: "Gasthäusern, die gar nicht aufsperren, helfen die Erleichterungen wenig." Gerade kleine Betriebe hätten es schwer, die Abstands- und Hygieneregeln umzusetzen und trotzdem noch Platz für genügend Gäste zu garantieren.

Kritik von Neos und SPÖ

Neos und SPÖ monierten bei einer gemeinsamen Pressekonferenz erneut den Mangel an Details bei Ankündigungen der Regierung. So sei wieder nicht klar spezifiziert worden, wofür die angekündigten 500 Millionen Euro für die Gastronomie genau verwendet werden sollen, so Neos-Wirtschaftssprecher Sepp Schellhorn. Für die Hotellerie, die ab 29. Mai wieder aufsperren darf, gebe es zudem zu wenig Zukunftsperspektiven. Dabei wäre es für diese derzeit entscheidend, eine längerfristige Perspektive – zumindest bis zum Ende des Jahres – zu haben.

Auch seien die angekündigten Regierungsmaßnahmen nicht ausgereift genug, sagte Schellhorn. Als Beispiel führte er die am Montag angekündigte Umsatzsteuersenkung für alkoholfreie Getränke an und stellte die Frage, ob diese nur für kalte oder auch für warme Getränke wie Kaffee und Tee gelte. Für Gastronomen sei diese derzeit noch ungeklärte Frage wesentlich. An dem Mangel an ausgereiften Maßnahmen zeige sich, dass "keine Praktiker am Tisch sitzen", kritisierte Schellhorn die Arbeit der Regierung.

Zusätzlich zu anderen Maßnahmen

Dieses Paket ist zusätzlich zu den Hilfspaketen für die Zeit der Schließung zu sehen. Die Gastronomie konnte wie andere Branchen auf Kurzarbeit zurückgreifen, und zusätzlich wurden in der Zeit der Schließung auch 75 Prozent der Betriebskosten übernommen. "Wir wissen, dass es mit der Öffnung allein noch nicht erledigt ist und der Konsum nicht sofort wieder auf 100 Prozent anspringt – und es gibt auch weiterhin eine schwierige Phase für Gastronomie, Wirtshäuser und den gesamten Bereich des Tourismus", sagte Bundeskanzler Kurz.

Die heimische Gastronomie darf am Freitag wieder öffnen. Dabei gelten strenge Vorgaben. Ein Mindestabstand von einem Meter muss eingehalten werden, Betriebe dürfen nur von 6 bis 23 Uhr öffnen, und pro Tisch dürfen maximal vier Personen sitzen, die nicht im selben Haushalt leben. (luis, APA, 11.5.2020)