Weist Kritik von Grünen-Klubchefin Maurer vehement zurück: SPÖ-Vizeklubchef Leichtfried.

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Überbordende Bürokratie für die Banken und unklare Vorgaben moniert Neos-Wirtschaftssprecher Sepp Schellhorn.

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Die SPÖ pocht auf Änderung der vier im Bundesrat mit SPÖ-FPÖ-Mehrheit zurückgewiesenen Corona-Gesetzespakete. Seine Fraktion werde vor dem für Mittwoch im Nationalrat erwarteten türkis-grünen Beharrungsbeschluss im Verfassungsausschuss am Montagnachmittag entsprechende Anträge einbringen, kündigte SPÖ-Vizeklubobmann Jörg Leichtfried am Montagvormittag auf einer Pressekonferenz an.

Außerdem forderten die Sozialdemokraten mit den Neos erneut raschere Hilfen für von der Corona-Krise betroffene Unternehmer. Es gebe zwar viele Ankündigungen der Regierung, aber diese werden nicht realisiert, so die beiden Parteien.

Scharfe Kritik übte Leichtfried an den Aussagen von Grünen-Klubobfrau Sigrid Maurer, die der Opposition wegen deren Vetos einen "zynischen Sabotageakt" vorgeworfen hatte. "Es ist kein zynischer Sabotageakt, wenn ein Bundesrat aus inhaltlichen Gründen einem Gesetz, das im Nationalrat eine Mehrheit gefunden hat, nicht zustimmt", sagte er. "Nein, es ist vielmehr ein zynischer Sabotageakt, wenn man glaubt, durch eine Drüberfahrermentalität und durch öffentlichen Druck in Nationalrat und Bundesrat Gehorsam hineinprügeln zu müssen."

Nicht anständig

Erneut kritisierte er die mangelnde Begutachtung von Gesetzen, dies sei "kein anständiger Umgang mit Parlamentarismus". Das Veto im Bundesrat sei "legitim und vor allem inhaltlich notwendig" gewesen, betonte er. So wies Leichtfried noch einmal auf die Kritik am Epidemiegesetz hin – vor allem die Möglichkeit, bestimmte Personengruppen von Veranstaltungen beziehungsweise Versammlungen auszuschließen, ist der Opposition ja ein Dorn im Auge. "Es gibt keine Klarheit, keine Transparenz und noch immer ernste Zweifel an der Rechtsstaatlichkeit", sagte der SP-Klubvize – und warnte davor, dass das Gesetz es etwa ermöglichen würde, Betriebsräte von Betriebsversammlung auszuschließen. "Wir geben der Regierung die Chance, ein rechtstechnisch schlechtes Gesetz zu verbessern beziehungsweise in seiner Wirksamkeit zu begrenzen."

Bei der ebenfalls beeinspruchten Novelle des Freiwilligengesetzes, mit der unter anderem 600.000 Euro für freiwilliges Engagement aus Mitteln des Krisenbewältigungsfonds freigesetzt werden, untermauerte Leichtfried die Kritik, es sei zu unklar, wohin das Geld fließen könnte. Zum Covid-19-Paket, das unter anderem Änderungen bei Verwaltungsverfahren zur Einschränkung des direkten Parteienverkehrs vorsieht, sagte Leichtfried, es sei wichtig, "dass es weiter das Recht auf persönlichen Kontakt mit den Behörden gibt". Denn es gebe noch immer "genügend Gegenden, wo das Internet nicht gut funktioniert".

Ordentliche Gesetzgebung gefragt

"Wir wollen, dass ordentliche Gesetzgebung gemacht wird, dass ordentlich begutachtet wird, wir wollen vor allem gegen das Niedermachen und Verächtlichmachen der parlamentarischen Demokratie auftreten. Dieses Verächtlichmachen haben die Menschen in ihrer Geschichte schon ein paar Mal erlebt. Das wird es mit SPÖ nicht geben", sagte Leichtfried.

Das Veto gegen die vier Gesetzespakete war am vergangenen Montag im Bundesrat erfolgt, in dem SPÖ und FPÖ eine Mehrheit haben. Beeinsprucht wurden neben den neuen Bestimmungen im Epidemiegesetz, den Änderungen bei Verwaltungsverfahren und dem Freiwilligengesetz auch ein Finanzpaket, konkret die Zuweisung von 650 Millionen Euro an den von der Europäischen Investitionsbank in der Corona-Krise errichteten Garantiefonds, sowie die Ermächtigung des Finanzministers, Bundeshaftungen bis 720 Millionen Euro für die Unterstützung der Kurzarbeit auf EU-Ebene zu übernehmen.

Raschere Ausbezahlung der Corona-Hilfen

Doch nicht nur die Art der Gesetzgebung stört die Opposition, sondern auch die schleppende Umsetzung. Bei einer gemeinsamen Pressekonferenz haben Neos und die SPÖ – zusammen mit dem Industriellen Hannes Androsch und der Einzelunternehmerin Petra Schröckeneder – am Montag erneut raschere Hilfen für von der Corona-Krise betroffene Unternehmer eingefordert. Es gebe zwar viele Ankündigungen der Regierung, aber: "Die angekündigten Hilfen werden nicht gegeben," sagte Androsch.

Überbordende Bürokratie für die Banken und unklare Vorgaben würden die Abwicklung von Hilfsanträgen verlangsamen, so Neos-Wirtschaftssprecher Sepp Schellhorn. Den Unternehmen gehe zunehmend die Liquidität aus, doch Banken seien nach wie vor ihren strengen Regulierungen unterworfen und könnten daher nicht so rasch agieren, wie es nötig wäre.

"Liquiditätsvirus"

"Das Liquiditätsvirus wird vernichtende Folgen haben," so Androsch zu dem Thema. Viele Unternehmer liefen Gefahr, die aktuelle "Blutarmut" – sprich: den Mangel an liquiden Mitteln – nicht zu überleben.

In diesem Zusammenhang forderte Schellhorn eine Entbürokratisierung und klarere Regeln, wie sich Banken bei der Vergabe von Hilfsmaßnahmen verhalten sollen – "bis zum letzten Mitarbeiter". "Ich appelliere hier an (WKÖ-Bankspartenobmann Andreas, Anm.) Treichl und den Finanzminister, da ganz schnell etwas zu tun", so Schellhorn.

Ausweitung des Steuerzeitraums

Darüber hinaus brauche es eine Verlängerung der Stundungen sowie eine Entlastung des Faktors Arbeit – also eine Senkung der Lohnnebenkosten für die Arbeitgeber. Letzteres würde auch schneller wieder mehr Personen, die derzeit arbeitslos oder in Kurzarbeit sind, in die Beschäftigung holen.

Auch eine Ausweitung des Steuerzeitraumes wäre für die beiden Oppositionsparteien sinnvoll. "Wir müssten die Gesamtjahre 2019 und 2020 bilanztechnisch zusammenlegen", so Schellhorns Vorschlag. SPÖ-Wirtschaftssprecher Christoph Matznetter meinte dazu, Schriftsteller könnten wegen ihrer oft sehr unregelmäßigen Einkünfte ihren Steuerzeitraum bis auf drei Jahre ausweiten. Diese Regelung könnte man auf andere Branchen ausweiten. "Wir haben Angst vor einer Insolvenzwelle, wenn die Regierung hier so untätig bleibt," so Schellhorn. (APA, 11.5.2020)