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Eher mau: Spike Jonzes Doku "Beastie Boys Story".

Foto: AP

Musikdokus – uh, ganz schwierig. Entweder man erwischt als Filmemacher eine spezielle Phase in einer Bandgeschichte (Metallica – Some Kind Of Monster), oder man wird vom Künstler mit Material versorgt, aus dem man eine Art Lesart herausschneidet (Matangi / Maya / M.I.A.). Auch ein Klassiker, besonders wenn es sich um Dokus über verstorbene Künstler handelt: Man führt Interviews mit Wegbegleitern und collagiert sie mit Zeitdokumenten (Amy), oder man dreht eine Konzertdokumentation. Was vermutlich alle Regisseure erreichen wollen, ist, den Spirit einer Band herauszuarbeiten, die Person respektive Personen hinter der Musik zu zeigen, Licht in dunklere Kapitel zu bringen.

Apple TV

Nehmen wir an, dass auch Spike Jonze, dessen Karriere ja mit dem Drehen von Musikvideos begann, das wollte. Seine langjährige Beziehung zu den Beastie Boys, für die er den Clip zur Nummer Sabotage drehte, hat Großes erhoffen lassen. Zumindest eines muss man ihm zugestehen: Um die Beastie Boys Story zu erzählen, wählt er einen unkonventionellen Weg.

Diashow zur Bandgeschichte

Zusammen mit Michael Diamond und Adam Horovitz erarbeitete er eine Art Diashow zur Bandgeschichte, die Diamond und Horovitz vor Publikum erzählen. Diesen Live-Auftritt filmte er dann mehr oder weniger einfach ab. Der dritte Beastie Boy, Adam Yauch, verstarb 2012, woraufhin sich auch die Band auflöste.

Nun, Horovitz und Diamond sind keine schlechten Geschichtenerzähler, auch wenn sie einen Teleprompter brauchen. Chronologisch arbeiten sie sich zwei Stunden lang von den Anfängen der Beastie Boys als milchgesichtige Hardcore-Punk-Gruppe, der anfangs mit der Drummerin Kate Schellenbach auch ein Beastie Girl angehörte, bis zum Tod des Masterminds Adam Yauch alias MCA vor, der den Kampf gegen den Krebs verlor. Und was für eine Geschichte das ist!

Drei jüdische New Yorker Burschen, die mehr oder weniger unabsichtlich zu Rappern wurden, auf der Suche nach ihrer eigenen Stimme – mit allen Ups und Downs, verbrannter Erde und den Fehlern, die man als junger Mensch, als junger Mann macht.

Selbstironie und Trinkhelme

Einsichtig und mit Selbstironie erzählen die beiden über das Problem, zu ihrer eigenen Karikatur zu werden, am Beispiel der Nummer Fight For Your Right. Eigentlich als Verarsche dauerdichter "Bros" gedacht, wurden die Beastie Boys selbst zu dem, was sie ablehnten, und bekamen die Rechnung präsentiert, als die Fans mit den Trinkhelmen mit dem anspruchsvollen zweiten Album Paul’s Boutique gar nichts anfangen konnten. Man begegnet dem jungen Rick Rubin, Madonna, Aerosmith, Run DMC und natürlich Adam Yauch, dem Jonze, Diamond und Horovitz, der immer wieder mit den Tränen kämpft, ein Denkmal setzen.

Ja, die Beastie Boys Story hat ihre Momente; im Großen und Ganzen fehlt es dieser besseren Diashow, die leider zu oft an die Präsentation eines neuen Apple-Produkts erinnert, aber an Spannung, dramaturgischen Ideen und eben genau am Spirit der Formation, die sie so außergewöhnlich macht. Ch-Check it out? Muss nicht sein. (Amira Ben Saoud, 11.5.2020)