Linz – Das Kepler-Universitätsklinikum (KUK) Linz hat am Montag einen Oberarzt entlassen, der während einer heiklen Operation das Spital verlassen und die OP an einen Assistenzarzt übergeben hatte. Interne Ermittlungen hätten "die Verdachtsmomente hinsichtlich der Verletzung der Dienstpflicht verdichtet", sodass der Schritt "unumgänglich war", sagte der ärztliche Leiter des KUK, Ferdinand Waldenberger.

Am vergangenen Dienstag war ein 77-jähriger Patient wegen eines Aortarisses mit dem Rettungshubschrauber ins KUK eingeliefert und operiert worden. Der Oberarzt, der den Eingriff leitete, soll während einer noch kritischen Phase der Operation an einen Assistenzarzt übergeben und das Spital verlassen haben. Nach Schwierigkeiten bei der OP starb der Patient. Der Mediziner sei erst nach einer Dreiviertelstunde zurückgekommen und habe erkannt, dass der Patient nicht mehr zu retten sei, hatte Waldenberger am Wochenende erklärt.

Bei Staatsanwaltschaft angezeigt

Am Sonntag brachte das KUK eine Sachverhaltsdarstellung bei der Staatsanwaltschaft ein. Im Raum steht der Verdacht der fahrlässigen Tötung mit einem Strafrahmen von bis zu einem Jahr Haft oder gar der grob fahrlässigen Tötung (bis zu drei Jahre). "Im Sinne der vollständigen Transparenz arbeiten wir intensiv mit den Ermittlungsbehörden zusammen und haben bereits alle erforderlichen Dokumente für eine rechtliche Beurteilung durch die Staatsanwaltschaft übergeben", betonte Waldenberger in der Presseaussendung am Montag. Darüber hinaus bleibe die Beauftragung an den externen Gutachter im Sinne der bestmöglichen Aufklärung der Umstände aufrecht.

Die Stadt Linz teilte am Montag mit, dass auch die Sanitäre Aufsicht der Stadt im Fall des Mediziners prüfe. Für Bürgermeister Klaus Luger (SPÖ) steht auch die Frage der Privatpraxen von Spitalsärzten im Fokus. Der Sprecher der Patientenanwälte, Gerald Bachinger, kritisierte ebenfalls einen saloppen Umgang mit Privatordinationen von Spitalsärzten: Er nannte es in der "ZiB2" am Sonntag eine "Todsünde in einem öffentlich-rechtlichen solidarischen Gesundheitswesen", wenn man "seine Verpflichtung, die man für einen bestimmten Patienten hat, zur Seite schiebt und das Krankenhaus verlässt, um im privaten Bereich weiterzuarbeiten". (APA, 11.5.2020)