Auch Führungen oder Workshops sollen in den Museen erlaubt sein.

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Wien – Viele Museen waren lange davon ausgegangen, dass die Öffnung erst am 1. Juli komme. Bei einer missglückten Pressekonferenz der grünen Kulturverantwortlichen – Staatssekretärin Ulrike Lunacek und Vizekanzler Werner Kogler – im April wurde die Wiedereröffnung der Museen dann für den 15. Mai angesetzt. Die Eckpunkte, unter welchen Voraussetzungen die Museen, Bibliotheken, Büchereien und Archive ab Freitag wieder für die Besucherinnen und Besucher öffnen dürfen, folgten erst jetzt: Pro Gast müssen zehn Quadratmeter Nutzfläche zur Verfügung stehen. Überdies sind Besucher verpflichtet, Mund-Nasen-Schutz zu tragen und auch den üblichen einen Meter Abstand zu halten.

Den vielen anderen Kulturschaffenden – etwa Veranstaltern und Bühnen – versprach Lunacek im Ö1-"Morgenjournal", es werde bis Freitag ein Konzept geben, um auch Aufführungen wieder möglich zu machen. Harte Kritik am Umgang der Regierung mit Kulturschaffenden während der Corona-Krise kam zuletzt von Lukas Resetarits. Im "ZiB 2"-Interview am Montag erklärte er, er sei wütend, weil es eine Missachtung einer ganzen Branche bedeute, wenn man diese ignoriere.

Höchstzahl

Die Zehn-Quadratmeter-Flächenvorgabe pro Museumsbesucher zielt auf die zulässige Höchstzahl von sich gleichzeitig in einem Museum befindlichen Personen ab. Wenn ein Haus also beispielsweise 5.000 Quadratmeter an Ausstellungsräumen, Gänge und Stiegen bis hin zum Shop aufweist, können sich 500 Besucher gleichzeitig darin aufhalten.

Zeitlich können sich Kunstfreunde grundsätzlich so lange in einer Institution aufhalten, wie es ihnen beliebt. Auch Vorbuchungen von Zeitslots im Internet sind nicht notwendig – mit der möglichen Folge, dass man eventuell vor Ort warten muss, bis man hinein darf. "Es obliegt den Kultureinrichtungen, wie das dann organisiert wird", umriss Lunacek das Konzept.

Die Zehn-Quadratmeter-Regel gilt indes nicht für den einzelnen Ausstellungsraum – solange der Sicherheitsabstand von einem Meter im Falle von nicht in einem Haushalt lebenden Personen gewahrt wird. "Das Personal, das in den meisten Museen in den Räumen anwesend ist, muss auch darauf achten, dass dieser eine Meter Abstand eingehalten wird", machte Lunacek deutlich.

Auch Führungen oder Workshops sollen bei Beachtung dieser Parameter erlaubt sein. "Kunstvermittlungsprogramme im Ausmaß bis zu zehn Teilnehmern sind möglich", kündigte die Staatssekretärin an: "Damit sind für die Kunstvermittlerinnen und -vermittler gewisse Arbeitsoptionen gegeben."

Museen blicken mit Freude und Sorgen auf Wiederöffnung

"Die Museumscommunity freut sich, hat aber auch viele Sorgen", hieß es in einer Aussendung des Museumsbund Österreich am Dienstag unter Berufung auf eine Umfrage der europäischen Museumsorganisation Nemo. Diese zeichnete für April ein betrübtes Stimmungsbild unter den österreichischen Museen: Die Hälfte der Kulturinstitutionen fürchte um das Ausbleiben von Mitteln, ein Drittel befürchte, auf Dauer Personal reduzieren zu müssen und 17,6 Prozent würden sich um den Weiterbestand ihres Museums Sorgen machen.

Gebraucht werde Planungssicherheit, politische Anerkennung und die politische Zusicherung, den Bestand und die Vielfalt der österreichischen Museums- und Kulturlandschaft "langfristig finanziell abzusichern", hieß es weiter. Die Krise habe viele Probleme schonungslos offengelegt: "Beispielsweise die prekären Beschäftigungsverhältnisse", oder etwa "die immer stärkere wirtschaftliche Abhängigkeit von Großteils touristisch generierten Einnahmen", so der Museumsbund.

Lunacek: "Erster Schritt"

"Die Krise zeigt, wie essenziell Kunst und Kultur für unsere Gesellschaft ist und wie sie uns massiv abgeht", konstatierte Lunacek: "Ich würde am liebsten alles in den kommenden Tagen öffnen, aber das erlaubt uns das Virus nicht. Immerhin setzen wir nun mit den Museen, Bibliotheken und Archiven einen ersten Schritt."

Dabei soll es allerdings nicht bleiben, stehen doch noch die Vorgaben für den Veranstaltungssektor aus. "Mein Ziel ist, noch diese Woche einen Stufenplan für die nächsten Monate auf den Weg zu bringen. Hier bin ich mit dem Gesundheitsministerium und den Vertretern der verschiedenen Branchen in engem Kontakt, um möglichst bald konkrete Lockerungen anzustoßen für den Veranstaltungsbereich – also etwa das Theater oder die Kinos."

Eine Prognose, ob unter diesen Voraussetzungen die noch in Schwebe befindlichen Salzburger und Bregenzer Festspiele hoffen dürfen, ließ sich Lunacek indes nicht entlocken: "Ich kann das jetzt einfach noch nicht sagen. Wir sind am verhandeln. Die große Herausforderung ist, Gesundheitsschutz, künstlerische und wirtschaftliche Freiheit in eine Balance zu bringen."

Museen zufrieden mit Lösung

In einer ersten Reaktion sind die Parameter der bevorstehenden Öffnung der Museen für Albertina-Generaldirektor Klaus Albrecht Schröder letztlich ein Nebenschauplatz. Es gehe angesichts des finanziellen Schadens für die Museen um ganz andere Fragen. "Wann wird dieser endlich beglichen?", kritisiert Schröder vor allem den verantwortlichen Kulturminister Kogler. Dieser ducke sich seit Amtsantritt im Jänner weg. "Ich habe den zuständigen Kulturminister in den fünf Monaten seit der Angelobung noch nie getroffen. Weder gab es ein Telefonat noch eine Videokonferenz. Das ist mir in meinen 40 Berufsjahren noch nie passiert." Kogler sei als Vizekanzler und Regierungskoordinator letztlich auch der Einzige, der Verhandlungen mit dem Finanzminister führen könne.

Zufrieden angesichts der Umstände zeigt sich Sabine Haag als Generaldirektorin des Kunsthistorischen Museums (KHM) mit den nun bekanntgegebenen Parametern, so könne man etwa mit der Vorgabe von zehn Quadratmetern pro Besucher gut arbeiten. Schließlich rechne man mit einem deutlich reduzierten Andrang ohne Schulklassen und ausländische Touristen, so Haag. Zusätzliches Aufsichtspersonal, das künftig auch die Abstandsregel kontrollieren soll, müsse man nicht einsetzen. Man forciere das Onlineticketing, stelle aber auch einen Ticketcontainer für Besucher vor Ort auf. Der Umstand, dass die Gäste des Hauses einstweilen Maske tragen müssten, lasse sich derzeit aus Gesundheitsgründen nicht vermeiden. Man versucht das Ganze insofern positiv zu sehen, als dass man im KHM-Shop künstlerisch gestaltete Exemplare feilbietet.

Auch in den Augen von Belvedere-Generaldirektorin Stella Rollig stellt die Zehn-Quadratmeter-Regel ihre Häuser nicht vor Probleme. Im Unteren Belvedere, das bereits am Freitag öffnet, müsse man mit dieser Regel die Anzahl der Besucherinnen und Besucher nicht kontingentieren. "Und im Oberen Belvedere nutzen wir für die Kontrolle der Aufenthaltsquoten unser Timeslot-System", so Rollig in einem Statement. Im Eingangsbereich setze man auf Glastrennwände zu den Kassen und Desinfektionsstationen. Das Team sei speziell geschult und die Reinigungsfrequenz erhöht. Man plane im Unteren Belvedere täglich sechs kostenlose Führungen in Kleingruppen zu neun Personen an. "Wir freuen uns auf die Wiederöffnung und setzen auf einen ruhigen und entspannten Museumsbesuch", so Rollig. (red, APA, 12.5.2020)