Ein bisserl nervös darf man schon sein, bevor man zu einem Motorradtraining beim Roland Resch fährt. Geht es bei ihm ja nicht vordergründig um das Bewältigen von Gefahrensituationen am Motorrad im Straßenverkehr – das Wissen darüber, wie man den Bock auf den Reifen hält, wenn es brenzlig wird, kriegt man quasi als Gratis-Bonusmaterial dazu –, sondern darum, den eigenen sportlichen Grenzbereich auszuloten. Wichtig ist also nicht das schönste Leder, nicht einmal das beste Bike – die Motorräder fürs Training kriegt man ja gestellt – oder die schönste Hatzergeschichte. Einedrahn kann man da nur direkt auf der Strecke, und da werden die eigenen Heldensagen schnell farblos. Aber so nervös, dass man in der Früh so verblendet ist, dass man neben einem Racestiefel auch einen Motocross-Stiefel mit zum Training nimmt, muss man nicht sein. Und sollte man auch nicht. Denn nur allzu selten hat man bei der kleinen Gruppengröße von maximal fünf Kursteilnehmern das Glück, dass einer von den anderen dreien die gleiche Schuhgröße und zwei paar Stiefel mithat und bereit ist, einen rechten Huf zu entbehren. Danke, Michi.

Nervosität vor einem Training mag man auch daran erkennen, dass mein beim Packen des Schuhwerks patzt.
Foto: Guido Gluschitsch

Roland Resch fuhr in der Superbike-WM, in der IDM und was weiß ich noch wo. Er begann mit fünf Jahren mit dem Mopedfahren und ist heute wie ein Drahtseilkünstler, der sich im Grenzbereich am wohlsten fühlt. Seine Überzeugung ist, wer diesen schmalen Grat, der zwischen Sieg und Niederlage entscheidet, am besten kennt, wird seltener in heikle Situationen kommen – und, wenn doch, diese leichter bewältigen. Eh logisch – wer ein Motorrad derreitet, das eh schon am Raster schleift und kurz mit dem Vorderrad wegknickt, wird sich vor einem Bitumenstricherl auf der Straße nimmer fürchten brauchen.

Roland Resch hat es geschafft, er verdient sein Geld damit, Motorrad zu fahren und anderen zu erklären, wie es richtig geht.
Foto: Guido Gluschitsch

Unter besonderen Auflagen darf Roland Resch nun wieder das erste seiner Motorradtrainings starten. SSP 300 heißt die Veranstaltung, die nicht nur, wie er gerne sagt, "zum Rostlösen nach dem Winter" taugt, sondern auch als Training für die ersten Rennstreckeneinsätze im Jahr herhalten mag. Entsprechend gut vorbereitet und motiviert sind die Gäste, die er empfängt. Nicht alle haben Rennstrecken-Ambitionen, nicht bei allen gehört der Hang-off schon zum Standard-Repertoire – obwohl sich das in dem vier Stunden dauernden Training durchaus auch ändern kann. Und wer jetzt meint, vier Stunden seien zu wenig, kann sein Geld ja gern in den Kamin schießen und gleich zwei Termine an einem Tag buchen. Versprochen, er wird am Nachmittag ohne fremde Hilfe nimmer aufs Bike kommen, wenn er nicht eh schon in der Liga mitfährt, die mit sich bringt, dass er daheim nimmer weiß, wohin mit all den Pokalen.

42 PS Leistung hat die Yamaha R3, die Roland Resch fürs Training zur Verfügung stellt.
Foto: Guido Gluschitsch

Sich despektierlich dem Training zu nähern wäre ein fataler Fehler, auch wenn mit gerade einmal 42 PS starken und 321 Kubikzentimeter großen Yamaha R3 auf der Kart-Rennstrecke in Rechnitz gefahren wird. Was nach Kindergeburtstag klingt, ist in Wahrheit nur die große Rennsportwelt in einem anderen Maßstab. Die Höchstgeschwindigkeiten sind geringer, die Sturzgefahr geht gegen NULL, und wenn man doch einmal ein Hoppala haben sollte, ist das Aua auch im gleichen Verhältnis kleiner. Nur die Kurven halten sich nicht ganz an den Miniaturgedanken. Die sind zwar enger, wie man annehmen mag, treten aber gleichzeitig in einer Häufung auf, wie man sie auf großen Rennstrecken nie finden würde. Da hat der Streckenbauer nur ein Kurvenlineal am Schreibtisch liegen gehabt, will man meinen. Und das ist gut so. Wie auch die Tatsache, dass man keine Gedanken dran verschwenden braucht, ob man eh genug Grip hat.

Sportreifen und Reifenwärmer machen es möglich, dass man schon in der ersten Runde motiviert andrücken kann.
Foto: Guido Gluschitsch

Der Belag ist herrlich griffig, und Roland Resch montiert auf die R3 Sportreifen, die er noch dazu mit Reifenwärmern permanent auf Temperatur hält. Das Training beginnt also nach einer kurzen Einführung – die je nach Vorwissen des einzelnen Teilnehmers einmal umfassend ist, das andere Mal, bei Stammgästen, mit der Zuteilung des Motorrads erledigt ist – mit dem Entfernen der Reifenwärmer und damit, das Bike einmal von den Rennständern zu holen. "Natürlich könnte ich jedem Teilnehmer die Motorräder fertig unter den Hintern schieben", sagt Roland Resch, "aber mir ist schon auch wichtig, dass jeder auch gleich den richtigen Umgang mit Reifenwärmern lernt – dann ist das vor dem ersten Mal auf der Rennstrecke kein Neuland mehr."

Abstand halten gilt auch bei diesem Training. Die Gruppe ist aber ohnedies klein, und gemeinsam steht man nur selten zusammen, weil Roland Resch sowieso jeden individuell betreut.
Foto: Guido Gluschitsch

Abseits der Reifenwärmer – die ja in erster Linie dazu dienen, dass man schon in der ersten Runde voll umlegen kann und nicht erst mühsam die Pneus warmfahren muss – sind die Yamahas serienmäßig. Gut, die Spiegel und die Kennzeichenhalterungen sind abmontiert, die braucht man ja auf der Rundstrecke nicht. Aber sonst ist an den Bikes nichts gemacht worden. Auch die Fußrasten sind in der Originalposition, und der Auspuff wurde auch nicht hochgezogen. Aus gutem Grund, wie Roland Resch erklärt. "Das Aufsetzen der Fußrasten dient in diesem Training als Signal dafür, dass man sich bewegen muss." Setzt das Motorrad auf, muss man mit dem Schwerpunkt weiter auf die Kurveninnenseite. Das heißt, wenn der Popsch schon eh schon nur mehr halbert im Sattel ist und die Knierutscher schon rauchen, dann muss man das Gewicht des Oberkörpers noch weiter in die Kurve legen, um das Motorrad bei gleicher Geschwindigkeit wieder ein wenig aufrichten zu können.

Auf der 300er ist die Kart-Strecke eine echte Herausforderung – aber auch eine Hetz.
Foto: Roland Resch

Wie das im Detail am besten funktioniert, erklärt Roland Resch dann individuell. Die kleine Gruppengröße macht es möglich, dass er mehr als genug Zeit dafür hat, jeden Teilnehmer einzeln zu coachen. Dabei bespricht er nicht nur. Er fährt auch vor, um etwa die perfekte Linie zu zeigen, wann der richtige Moment ist, sich umzusetzen, und weil die Lamperl nicht abgeklebt sind, kriegt man auch die Bremspunkte schön präsentiert. So kriegt der Tourenfahrer ebenso sein Werkzeug in die Hand wie auch der Racer.

Roland Resch beim Herzeigen der richtigen Haltung am Motorrad.
Foto: Guido Gluschitsch

Ist das Training also überhaupt für Anfänger geeignet? Im Prinzip ja. Nur wenn man mit dem Motorradfahren angefangen hat, um andere zu beeindrucken, ist man hier komplett fehl am Platz. Dann wird man in den ersten Runden daran zerbrechen, dass alle anderen an einem spielerisch vorbeifliegen, während man selbst schon über den Häfen fährt und einem die Kondition ausgeht. Wer aber kommt, um zu lernen, der wird hier in kürzester Zeit Erfolge haben, die er sich selbst nicht zugetraut hat. Dabei ist am Knie zu fahren sicher noch die leichteste aller Hürden. Erst danach geht es wirklich ans Eingemachte.

Motorradfahren ist mehr als nur am Bock sitzen und am Gasgriff drehen, lernt man bei Roland Resch.
Foto: Guido Gluschitsch

Um die schnelleren Fahrer muss man sich übrigens keine Gedanken machen – und sollte man auch nicht. Die überholen eh, wo es passt, und mit genügend Augenmerk – sie erinnern sich wohl noch gut daran, wie es ihnen selbst damals gegangen ist, bei den ersten Versuchen auf der Rennstrecke. Und sie wissen auch, dass es immer einen gibt, der schneller ist.

Die geringe Teilnehmeranzahl sorgt auch dafür, dass immer wenige Leute gleichzeitig auf der Rennstrecke sind.
Foto: Guido Gluschitsch

Die nötigen Voraussetzungen für die Teilnahme am SSP-300-Training sind also überschaubar: Ambition, ein Leder – mit Tourengewand ist man hier so falsch wie mit der Daunenjacke in der Sauna –, Helm, Handschuhe – ach ja, und Stiefel, die im Idealfall ein hübsches Paar darstellen. (Guido Gluschitsch, 13.5.2020)

Zum Abschluss noch die Auflösung, wie lächerlich ich ausgesehen hab, nachdem mir Michi mit einem Rennschuh aushalf.
Foto: Roland Resch