Österreichischer Speck, österreichisches Bier – genossen beim Wirten. Alles andere denken Sie sich bitte dazu.

Foto: APA

Wenn in den vergangenen Jahren von Identitätspolitik die Rede war, wurden damit meist irgendwelche "Luxusprobleme" adressiert. Vermeintliche Nebenschauplätze einiger weniger, die uns von den wirklichen Problemen unserer Zeit ablenken. Jetzt reden wir also von der Repräsentation von Transgenderpersonen, statt uns den Heerscharen der vernachlässigten Arbeiter zuzuwenden, so tönte es häufig. Deshalb hätten sich in den USA und in Europa Wähler*innen zunehmend den rechten und rechtspopulistischen Kräften zugewandt. Auch der US-amerikanische Politikwissenschafter Francis Fukuyama vertritt diese These, wenn auch in ausgefeilterer Form. Die Linke konzentriere sich mit ihren Gleichheitsforderungen nicht mehr wie früher auf die Arbeiterklasse, schreibt Fukuyama, sondern schlage sich stattdessen mit den Wünschen eines immer größer werdenden "Kreises ausgegrenzter Gruppen" herum. Ja, mehr noch: Damit habe man eine rechte Identitätspolitik ausgelöst, meint.

Was ist "fremd", was "heimisch"

Ob man der doch sehr gewagten These diesen kausalen Zusammenhangs folgen will, sei jetzt mal dahingestellt. Doch immerhin greift Fukuyama damit etwas auf, was angesichts der beliebten Kritik an identitätspolitischen Verzettelungen gerne übersehen wurde: die rechte Identitätspolitik, die sich nicht auf soziale Kategorien konzentriert, sondern auf das Vorrecht der Autochthonen, bestimmter Kulturen, wer "fremd" und was "heimisch" ist. Diese Identitätspolitik verbreitet Nationalismus und ein diffuses Verständnis von einem "wir", einer nebulösen Mehrheitsgesellschaft. Dieses "wir" wurde und wird durch kleine und weniger kleine Formulierungen umrissen, es wird immer wieder wiederholt, wer dazugehört und wer nicht.

In diese Richtung gehen auch Formulierungen wie diese:

Oder auch die an dieser Stelle bereits thematisierte Regierungskampagne "Schau auf dich" – auf sich achten sollen demnach weiße, heterosexuelle Mittelschichtler mit ihrer Kleinfamilie. Derart abgeschliffene Darstellungen einer weitaus vielfältigeren Gesellschaft sind bedenklich.

Denn während wir damit beschäftigt sind, auf die in den letzten Jahren lauter gewordenen Forderungen von Menschen mit Migrationshintergrund sowie homo-, trans- und intersexuellen Menschen oder die Kritik an ihrer bestehenden Unterrepräsentation herabzuschauen, darf sich kein limitiertes "wir" etablieren. Eines, das die ohnehin schon engen Grenzen der Solidarität noch enger setzt. Als Mitte April knapp 50 unbegleitete minderjährige Flüchtlinge aus den katastrophalen Bedingungen im Flüchtlingscamp Moria auf Lesbos von Deutschland aufgenommen wurden, war Kurz nicht mal angesichts dieser kleinen Menge willens, Ähnliches auch nur in Betracht zu ziehen. Angesichts der Probleme, die wir gerade selbst mit Corona haben? Ich bitte Sie! Selbst nur ein paar dutzend Menschen von außerhalb scheinen da nicht mal eine Geste wert zu sein – von mehr als einer solchen kann man auch bei knapp 50 Menschen ohnehin nicht sprechen.

Enge Grenzen der Solidarität

Und für die "Österreicherinnen" und "Österreicher" scheint das auch völlig okay zu sein, total plausibel, wo die Solidarität aufhört, der Schutz vor einem Virus, ein würdiges Menschenleben. Protest dagegen oder sinkende Umfragewerte für eine solche Politik gibt es nicht. So geht also rechte Identitätspolitik. (Beate Hausbichler, 13.5.2020)