Alexandros Pfaff hat einen guten Draht zu den Plejaden. Ein Seminar, zu dem Pfaff auch allerlei Engel lädt, verspricht "die Basis für den persönlichen spirituellen Pfad in dieser Inkarnation" zu sein. Dieser Weg wird allerdings klein leichter sein, Pfaff warnt die Aufstiegswilligen: "99,9 Prozent der Lichtarbeiter stürzen von der spirituellen Leiter ohne dies überhaupt zu bemerken!" Pfaff ist vermutlich nicht von der Leiter gestürzt und leitet in Griechenland ein "Haus des Lichts". Der Shop im "Haus des Lichts" ist proper ausgestattet mit Produkten, Weisheiten und schamanischen Dienstleistungen. Es gibt Himalayasalz und Silberwasser zu kaufen, das "Integrierte Spirituelle Counseling" um 60 Euro verspricht, das Leben zum Positiven zu wenden. Eine Apparatur für ein "Detox-Fußbad" um 329 Euro leitet allerlei Gifte aus dem Körper, das Teil sieht aus wie eine Hobbyfunkanlage aus den 70er-Jahren. 

Ein Plastikschamane warnt vor "Volksverrätern" und zweifelt am Holocaust 

Ein Plasitkschamane, eine mit Weisheiten vollbepackte Webseite, ein Webshop mit dem üblichen Tand. Das alles wäre nicht der Rede wert, und ich würde den in Griechenland ordinierenden Weisen gar nicht kennen, hätte er bei einem kleinen Disput mit meinem Facebook-Bekannten Gernot Fröhlich nicht ordentlich am Baum gerüttelt. Fröhlich ist Unternehmer, er produziert vegane Köstlichkeiten, hie und da häkeln wir uns - je nach Sichtweise - ob seines Faibles für Verschwörungsplaudereien oder meiner grenzenlos naiven Schlafschafexistenz. In konkreten Fall geht um die Faktenchecker-Webseite "Volksverpetzer", die Verschwörungsplauderern und neuen und alten Rechten schon mal eloquent auf die Zehen steigt. Fröhlich gefällt sie nicht, mir schon. Pfaff steigt in die Diskussion ein, er greift ins Volle und nennt die Faktenchecker "Volkverräter und Satanisten, Handlanger, (...) und seelenlose Niedrigbewusstseins-Systemroboter". Der Mann weiß offenbar Bescheid und, so viel sei verraten, verspricht nicht nur eine Rollercoaster-Fahrt zu den Plejaden, mit ihm geht es auch in die Geisterbahn der Zeitgeschichte. 

Das Rote Kreuz: Opfer des ältesten Neonazi-Hoax

Ein Blick auf seine Facebook-Seite birgt neue Erkenntnisse. "Das internationale Rote Kreuz bekennt: Keine Gaskammern im 3. Reich." Das ist zumindest auf einem Potpourri diverser Faksimiles in einem Posting Pfaffs zu lesen. Die Erzählung mit den angeblichen Dokumenten des Roten Kreuzes ist alles andere als neu. Der deutsche Historiker Wolfgang Benz bezeichnet diese angeblichen Enthüllungen in seinem Buch "Dimensionen des Völkermords" als eine der ältesten Dokumente holocaustrelativierender Hoaxes. Seit den 50er-Jahren kursiert die gefälschte Referenz angeblicher Zahlen und Bekenntnisse des Roten Kreuzes in rechtsextremen Kreisen.

Noch habe ich Hoffnung, dass Pfaff im Überschwang seines Lichtarbeiter-Sendungsbewusstseins bloß etwas gepostet hat, dessen Intention und Hintergründe ihm nicht klar sind. Auf seiner Webseite beschreibt sich Pfaff "als spiritueller Botschafter, ein zeitgenössischer Visionär und Cooperationspartner der Planetarischen Hierarchie. Er hat sein Leben dem kollektiven Aufstieg der Menschheit und des Planeten Erde gewidmet." Kann so einer ein Böser sein? 
Ich konfrontiere Pfaff mit den Hintergründen zu dem revisionistischen Hoax. Er antwortet prompt - öffentlich auf der Facebook-Seite Fröhlichs. Er schreibt vom "Narrativ des größten Möchtegernholocaust der Geschichte" an den man als "Systemsklave" gerne glauben darf, "an der Wahrheit ändern tut es allerdings nichts!" Als "Systemsklaven", vermute ich, meint er mich. 

Der Lichtarbeiter ist voll des Lobs für eine Neonazi-Ikone

Pfaff ist kein "Systemsklave", er legt nach und beklagt: Niemand dürfe zu dem Thema "berechtigte Fragen" stellen, sonst würde er von den "illegalen Betrugsgerichten der Firma zu Gefängnisstrafen verurteilt" werden. Die 90-jährige Ursula Haverbeck könne davon ein Lied singen, anders als "all die Verurteiler, Richter und Handlanger, war sie selber dabei". Die revisionistische Aktivistin Haverbeck ist ein Star im Universum der neuen und alten Nazis. In diesen Kreisen ist man stolz auf die deutsche Holocautleugnerin. Sie ist "Zeitzeugin" für die Verbrechen, an denen sich Nazis im Hinterzimmer aufgeilen, und die sie im Foyer mit Unschuldsmiene hinterfragen zu dürfen verlangen.

"Nicht dabei" war Gernot Fröhlich, der macht auch gar kein Hehl daraus und kommt in der Diskussion auf seiner Facebook-Seite Pfaff zu Hilfe: "Ich kann selbst zum Thema Holocaust nichts sagen, ich kann mich nicht erinnern an mein Beisein und ich glaube nichts aus den Geschichtsbüchern, die immer von den Gewinnern verfasst werden."  

Das KZ Mauthausen. Hier starben mindestens 90.000 Menschen.
Foto: APA/HARALD SCHNEIDER

Der Doppelpass funktioniert: Neonazis und Esoteriker 

Wir schreiben das Jahr 2021. Esoteriker flachsen vergnügt und unbeschwert über den Völkermord. Holocaust-Überlebende werden das vermutlich nicht so locker sehen. Indes, die Augen und Ohren des Unsagbaren sind heute himmelalt, als Zeitzeuge wird in wenigen Jahren niemand mehr zur Verfügung stehen. Der revisionistische Abschaum wartet auf den Tag des Todes des letzten Zeitzeugen. Auf den Stil und den Inhalt einer neuen Epoche der Holocaust-Leugnung darf man gespannt sein. Wer glaubt, dass das Narrativ der "Auschwitz-Lüge" nur eine Sache neuer und alter Nazis ist, täuscht sich leider. Der Doppelpass mit selbsternannten Schamanen und esoterischen Selbstdarstellern, er klappt vorzüglich. (Christian Kreil, 12.5.2021)

Christian Kreil bloggt rund um Esoterik, Verschwörungsplauderei und Pseudomedizin. Soeben erschien sein Buch "Fakemedizin".

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