Die Einsetzung der Expertenkommission zur Aufarbeitung des Tiroler Corona-Krisenmanagements sorgt weiterhin für Aufregung.

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Innsbruck – Die Einsetzung der Expertenkommission zur Aufarbeitung des Tiroler Corona-Krisenmanagements sorgt weiterhin für Aufregung. FPÖ, Neos und Liste Fritz warfen den gehandelten Vorsitzenden Josef Geisler – nicht zu verwechseln mit Landeshauptmannstellvertreter Josef Geisler von der ÖVP – und Bruno Hersche vor, nicht unabhängig zu sein. Landeshauptmann Günther Platter (ÖVP) verwies am Dienstag diesbezüglich auf den Landtag: Am Mittwoch steht im Tiroler Landtag die Einsetzung der Kommission auf der Tagesordnung. ÖVP, Grüne und SPÖ wollen hier gemeinsame Sache machen.

Die Grünen bekundeten am Montag unter Bedingungen ihre Zustimmung zum Vorschlag der SPÖ und ihres Koalitionspartners ÖVP, den Krisenmanager Hersche und den pensionierten Richter Geisler mit der Zusammensetzung zu beauftragen. Allerdings wurde am Dienstagabend bekannt, dass der Landesvorstand der Tiroler Grünen seinen Landtags- und Regierungsmitgliedern mehrheitlich empfiehlt, den Antrag auf eine "Einsetzung der Geisler-Kommission" nicht zuzustimmen, so der Innsbrucker Gemeinderat Dejan Lukovic auf Twitter.

Kritik an Besetzung

Kritik an der Wahl der Vorsitzenden ließ nicht lange auf sich warten. Neos-Chef Dominik Oberhofer bezweifelte etwa die Unparteilichkeit Geislers, da er bei der Landtagswahl im Jahr 2018 im Unterstützungskomitee von Platter vertreten war. Außerdem würde Geisler in seiner Funktion als Präsident des Tiroler Fußballverbands mit seinem Namensvetter und Landeshauptmann-Stellvertreter sowie Sportlandesrat Josef Geisler "dauernd" über Förderverträge verhandeln, meinte er. Das erzeuge "keine gute Optik". Auch Hersche wurde kritisch beäugt. FPÖ-Chef Markus Abwerzger ortete bei ihm mangelnde Unabhängigkeit, weil er in der Vergangenheit etwa Aufträge der Bezirkshauptmannschaft Landeck und der Tirol Werbung angenommen habe. Platter meinte dazu, dass er "Zuordnungen" nicht als zielführend erachte.

Mair schiebt SPÖ den Ball zu

Auch Landeshauptmann-Stellvertreterin Ingrid Felipe (Grüne) wollte dazu keine Stellung nehmen und die Entscheidung des Landtags abwarten. Sie habe aber das "Namedropping" beobachtet und es den betroffenen Personen gegenüber als unfair empfunden.

Für Tirols grünen Klubobmann, Gebi Mair, steht der Kommissionsvorschlag unter "keinem guten Stern". Die SPÖ müsse nun entscheiden, ob Geisler noch weiterhin als Vorsitzender infrage komme. "Ein Grüner Vorschlag ist Geisler sicher nicht", so Mair. Er deutete aber an, den Ex-Richter Geisler weiterhin zu unterstützen. Denn am wichtigsten sei, dass es eine Kommission geben wird. "Wenn damit eine Kommission zustande kommt, soll es der SPÖ-Vorschlag sein", sagte Mair. Dabei merkte er an, dass Geisler noch "große Unterstützung in der Opposition" hatte, als sein Name erstmals im Hick-Hack um den Vorsitz fiel.

SPÖ stimmt Misstrauensantrag gegen Tilg zu

Neben der Expertenkommission wird auch über die Dringlichkeit eines Misstrauensantrages gegenüber ÖVP-Gesundheitslandesrat Bernhard Tilg abgestimmt. Am Montag hatten FPÖ, Neos und Liste Fritz den Antrag bei einer gemeinsamen Pressekonferenz vorgestellt. Man wolle einen "völlig überforderten Landesrat von seinen Aufgaben befreien", als "Chef der Tiroler Gesundheitsbehörden" müsse er seinen Sessel räumen, hieß es dort. Nun wurde bekannt, dass auch die SPÖ dem Misstrauensantrag zustimmen wird.

SPÖ-Chef Georg Dornauer meinte per Aussendung, dass die SPÖ die einzige Partei sei, "die seit der ersten Veröffentlichung von Informationen über Fehleinschätzungen und Fehlentscheidungen im Corona-Krisenmanagement des Landes konsequent und durchgehend auf Aufklärung und personelle Konsequenzen gepocht hat". Dornauer habe den Rücktritt bereits am 17. März gefordert und daran habe sich nichts geändert, weil Tilg "bislang keinerlei Einsicht gezeigt hat und Landeshauptmann Günther Platter es nicht für nötig erachtet, für Ordnung in seiner Regierungsmannschaft zu sorgen".

Der Misstrauensantrag wird damit zwar im Rahmen der Tagesordnung im Plenum debattiert werden. Für eine tatsächliche Abberufung Tilgs wäre allerdings eine Mehrheit im Landtag erforderlich. Nachdem die Regierungsparteien ÖVP und Grüne aber über ebenjene Mehrheit verfügen, ist ein Erfolg des Misstrauensantrags unwahrscheinlich. Der grüne Klubobmann Mair gab dem Antrag "zum jetzigen Zeitpunkt keine Chance". Zuerst müsse die Kommission einen Bericht erstellen, erst danach könne die politische Verantwortung geklärt werden. (APA, red, 12.5.2020)