Benjamin Hackl begann eigentlich mit 15 Jahren zu studieren.

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Die typischen Klischees der Höherbegabten sucht man bei Benjamin Hackl vergebens. Keine Spur von Verschrobenheit, sozialer Unsicherheit oder gar Überheblichkeit. Ganz im Gegenteil wirkt er fröhlich, freundlich und bescheiden. Was wohl mehr über die Klischees als über Hackl aussagt.

Der Kärntner kann auf einen angesichts seines Alters beachtlichen akademischen Karriereweg zurückblicken. Bereits mit 15 Jahren besuchte er Vorlesungen in Technischer Mathematik an der Universität Klagenfurt. Ermöglicht wurde ihm dies durch das Programm "Schüler/innen in die Hochschulen" des Österreichischen Zentrums für Begabtenförderung und Begabungsforschung.

"Es war eigentlich ein großer Zufall, dass ich zur Mathematik gekommen bin", erinnert sich Hackl. "Ich hatte schon früher an einem Talentecamp der Universität Klagenfurt teilgenommen, bei dem man eine Woche lang Minilehrveranstaltungen aus verschiedenen Fächern besuchen konnte. Es hat mich absolut begeistert, dass die Hochschulmathematik so völlig anders ist als die Schulmathematik."

Problematik der Kettenverträge

Wie zuvor schon sein Masterstudium, hat Hackl auch das Doktorat als jüngster Absolvent in der Geschichte der Uni Klagenfurt abgeschlossen. Die Promotion absolvierte er zudem "sub auspiciis Praesidentis rei publicae". Zugeflogen ist der Erfolg dem Highspeed-Doktor jedoch nicht. Den sprichwörtlichen Schweiß, den die Götter davor gesetzt haben, kennt er gut.

"Ich habe vielleicht den Vorteil, dass ich mir unter abstrakten Dingen leichter etwas vorstellen kann als andere", so Hackl. "Aber es ist nicht so, dass ich in der Vorlesung alles sofort verstehe und nicht lernen muss." Als visueller Lerntyp hat Hackl vor Prüfungen seine gesamten Vorlesungsmitschriften noch einmal händisch nachgeschrieben: "Es hat viele Nächte mit sehr wenig Schlaf gegeben."

Hackl arbeitet als Postdoc an der Universität Klagenfurt an dem vom FWF geförderten Projekt "Analytische Kombinatorik: Ziffern, Automaten und Bäume". Die analytische Kombinatorik untersucht diskrete Strukturen wie zum Beispiel Netzwerke mit kontinuierlichen Methoden.

Wachsende Strukturen

Konkret interessiert er sich für Strukturen, die wachsen, wie etwa ein U-Bahn-Netz. Mathematisch wird das durch einen Graphen repräsentiert. Hat man ein großes Netz und nimmt dann von diesem wiederholt Endstationen weg, macht man das Wachstum gewissermaßen rückgängig.

Seine persönliche und berufliche Zukunft sieht der Klagenfurter in Klagenfurt. "Mein langfristiges Ziel ist es, hier zu leben, ich bin hier sehr stark sozial verwurzelt. Aber ich weiß natürlich, dass ich nicht darum herumkomme, eine Zeitlang im Ausland zu leben. Die Problematik der Kettenverträge bedingt, dass ich für einige Zeit aus Klagenfurt weggehe."

Gastaufenthalte in Südafrika und den USA kann Hackl bereits vorweisen. Doch so weit muss man in der analytischen Kombinatorik eigentlich gar nicht reisen, um in guten Gruppen zu arbeiten: "Es gibt viele gute Leute in Frankreich und auch einige in Wien. Die analytische Kombinatorik ist ein sehr europäisch geprägtes Feld."

Entspannung findet der Mathematiker bei Spaziergängen oder beim Gitarrespiel. Verschroben ist auch das fürwahr nicht. (Raimund Lang, 16.5.2020)