Werner Kogler zauberte Anfang des Jahres überraschend Ulrike Lunacek als Staatssekretärin für Kunst und Kultur aus dem Hut.

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Kein anderes Regierungsmitglied steht derzeit so in der Kritik wie Ex-Europapolitikerin Ulrike Lunacek. Schon ihre Bestellung zur grünen Kulturstaatssekretärin ließ die Szene schäumen, weil Lunacek in diesem Bereich zuvor rein gar nicht präsent war. Die Kultur war in türkis-blauen Zeiten zudem noch reine Ministerangelegenheit. Nun gibt es ein Staatssekretariat im Kulturressort von Vizekanzler Werner Kogler (Grüne). Das erschien den Kulturschaffenden als ein verheerendes Signal.

Die Corona-Krise hat diese Befürchtungen nicht zerstreut. Im Gegenteil: eher befördert. Einen Monat mussten sich die Museen gedulden, bis konkrete Regeln wie zehn Quadratmeter pro Gast für die am Freitag avisierte Öffnung feststanden. Der Termin wurde bereits Mitte April in einer unglücklichen Pressekonferenz angekündigt, die nichts Greifbares lieferte und für die vor allem Lunacek massiv kritisiert wurde. Auch diesmal gibt es neben Zufriedenheit Kritik für das Kulturgespann Lunacek und Kogler.

Albertina-Direktor Klaus Albrecht Schröder moniert, dass unklar sei, wann der finanzielle Schaden für die Museen beglichen werde. Außerdem konnte er Kogler bis heute nicht sprechen. "Das ist mir in meinen 40 Berufsjahren noch nicht passiert." Aber nicht nur Kulturbetriebe, auch die unterschiedlichsten Berufssparten fühlen sich in der Krise nicht wahrgenommen. Tatsächlich spielt der Kulturbereich in dem Pressekonferenzreigen der Regierung kaum eine Rolle.

Fällt bald der Vorhang?

Der Kritik stellt die grüne Kultursprecherin Eva Blimlinger entgegen, dass es im Kulturbereich schwierig sei, allgemeine Regeln aufzustellen. Dafür sei er zu kleinteilig. Andererseits hätte es aus ihrer Sicht nicht viel gebracht, ständig Pressekonferenzen zu geben und "dauernd zu kommunizieren, dass wir es noch nicht wissen". Die Grünen hätten aber in der Koalition "schneller und intensiver" auf die finanzielle Unterstützung der Kultur drängen müssen, räumt Blimlinger ein.

Mit Koglers Kabinettschef Dieter Brosz und Lunacek sind zwei Hauptakteure des grünen Scheiterns 2017 in die Angelegenheit involviert: Lunacek war Spitzenkandidatin und Brosz geschäftsführender Parlamentarier, als die Grünen bei der Wahl 2017 aus dem Nationalrat flogen. Die Trümmermasse übernahm Werner Kogler. Dass er im Zuge der Koalitionsverhandlungen den umstrittenen Brosz reaktivierte und ihn zu seiner rechten Hand im Vizekanzleramt machte, sorgte bei manchem Grünen für Erstaunen. Auch mit Lunacek als Kulturstaatssekretärin hatte dort kaum jemand gerechnet.

Als Kabinettschef wählte Lunacek ihren langjährigen parlamentarischen Mitarbeiter Felix Hauer statt einer in der Kulturpolitik vernetzten Person. Lunacek soll dem Vernehmen nach seit Wochen merken, dass sie ihre Stärken – etwa eine jahrzehntelang aufgebaute Expertise in außenpolitischen Bereichen – nicht ausspielen kann. Schon vor Tagen soll sie ihren Rücktritt in den Raum gestellt haben. Lunacek dementierte die Rücktrittsgerüchte am Dienstagabend jedoch: Sie halte sich nicht mit Gerüchten auf und werde mit aller Kraft weiterkämpfen. (jan, fsc, 12.5.2020)