Kabul – Nach zwei Anschlägen mit dutzenden Toten hat Afghanistans Präsident Ashraf Ghani am Dienstag die Wiederaufnahme der militärischen Offensive gegen die Taliban und andere aufständische Gruppen angeordnet. "Ich befehle allen Sicherheitskräften, ihre aktive Verteidigungsposition zu beenden und ihre Operationen gegen den Feind wieder aufzunehmen", sagte Ghani am Dienstag in einer Fernsehansprache. Zu dem Anschlag auf das Begräbnis hat sich die radikalislamische Terrormiliz Islamischer Staat (IS) bekannt.

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Bei den Angriffen auf ein Krankenhaus und ein Begräbnis kamen dutzende Menschen ums Leben.
Foto: AP/Rahmat Gul

Land verteidigen und Infrastruktur schützen

Eine Wiederaufnahme der Einsätze sei notwendig, um "das Land zu verteidigen, unsere Landsleute und die Infrastruktur zu schützen und um Angriffe und Bedrohungen durch die Taliban und alle anderen Terrorgruppen abzuwehren", sagte Ghani. Bisher galt, dass das Militär nur defensiv auf alle Angriffe der Taliban reagieren sollte.

"Heute waren wir Zeugen terroristischer Angriffe der Taliban- und Daesh-Gruppen auf ein Krankenhaus in Kabul und ein Begräbnis in Nangarhar sowie anderer Angriffe im Land", sagte Ghani, wobei er die arabische Abkürzung für den IS benutzte. Bei dem Anschlag auf eine Entbindungsklinik in Kabul kamen mindestens 14 Menschen ums Leben, darunter zwei Babys sowie Mütter und Krankenschwestern. Bei einer Beerdigung in der östlichen Provinz Nangarhar tötete ein Selbstmordattentäter mindestens 24 Trauergäste.

Pompeo fordert Zusammenarbeit

US-Außenminister Mike Pompeo hat die Regierung in Kabul und die radikalislamischen Taliban zur Zusammenarbeit aufgefordert. "So lange es keinen deutlichen Rückgang der Gewalt und keine Fortschritte Richtung einer politischen Lösung gibt, wird Afghanistan anfällig sein für Terrorismus", erklärte Pompeo am Dienstag in Washington.

Pompeo nannte die Anschläge "entsetzlich", die Täter müssten ihrer gerechten Strafe zugeführt werden. Zugleich verwies der US-Außenminister darauf, dass die Taliban erklärt hätten, nicht für die Anschläge verantwortlich zu sein.

Frauen und Kinder in Sicherheit gebracht

Sicherheitskräfte brachten nach Angaben des Innenministeriums mehr als 100 Menschen in Sicherheit, darunter viele Frauen und Kinder. Zuvor habe es mehrere Explosionen gegeben und Schüsse seien gefallen. Auch Ärzte ohne Grenzen (MSF) sei in dem Krankenhaus tätig und leite die Entbindungsstation, teilte die Hilfsorganisation auf Twitter mit.

Die jüngsten Gewalttaten werfen neue Fragen über die Zukunft des im Februar eingeleiteten Friedensprozesses mit den Taliban auf. Die USA und die Taliban hatten am 29. Februar in Doha ein historisches Abkommen unterzeichnet. Es soll den Weg für einen dauerhaften Frieden in Afghanistan ebnen. Das Abkommen sieht unter anderem vor, dass die Taliban große Städte und internationale Truppen nicht mehr angreifen.

Der stellvertretende zivile Vertreter der NATO in Afghanistan und die Menschenrechtsorganisation Amnesty International verurteilten die Anschläge aufs Schärfste. Keine Gruppe bekannte sich bisher zu den Angriffen in Kabul und Nangarhar. Die militant-islamistischen Taliban dementierten, für die Attacken verantwortlich zu sein. Sowohl die Terrormiliz Islamischer Staat als auch die Taliban sind in Afghanistan aktiv. (APA, 12.5.2020)