Österreichs auflagenstärkstes Wochenmagazin verzichtet auf Presseförderung – und damit auch auf die Corona-Sondermedienförderung, die noch einmal das Eineinhalbfache drauflegt. Eigentümer Noah Falk machte den STANDARD darauf aufmerksam, dass er diese Förderung heuer nicht beantragt hat – und erklärt auf Anfrage, warum er auf rund 216.000 Euro Bundesförderung verzichtet.

"Die ganze Woche" verzichtet nun auf Presseförderung.
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"Gießkannenartig und unabhängig von wirtschaftlichen Bedürfnissen"

"Ich halte nichts davon, Unternehmen welcher Art auch immer gießkannenartig und unabhängig von tatsächlichen wirtschaftlichen Bedürfnissen und über Jahrzehnte der Erfolglosigkeit hinaus zu fördern", erklärt Falk seine Entscheidung dem STANDARD.

2019 hat "Die ganze Woche" noch reguläre Presseförderung beantragt, sie bekam 86.492 Euro ausbezahlt. Sein Verlag habe aber "schon in der Vergangenheit über Sponsoring, zum Beispiel des Helmut-Zilk-Motorikparks oder auch andere Aktionen, die erhaltenen Fördergelder relativ selbstlos der Bevölkerung zurückgegeben", erklärt Falk.

"Moralisch fühlt sich das besser an"

Als Geschäftsführer sei er der "Ganzen Woche" natürlich verpflichtet, "und es ist nicht üblich und auch nicht einfach, auf so ein relativ einfach zu erhaltenes Geld zu verzichten". Bisher habe er sie also beantragt, denn dem Medium "entsteht durch den Verzicht ein wirtschaftlicher Nachteil gegenüber den Konkurrenten".

Aber: "In diesem Jahr haben wir keinen Antrag gestellt, die Frist verstreichen lassen. Wir sind unabhängig, und auch moralisch fühlt sich das besser an."

Falk erklärt dieses Gefühl so: "Wir brauchen uns aus diesem Grund eben nicht gefallen zu lassen, dass unsere Qualität in Bezug auf Förderungen von irgendwelchen angeblichen Fachleuten hinterfragt wird und anderen, unter Anschluss der Öffentlichkeit erscheinenden Medien doch vielleicht moralisch mehr Förderungen zustünde – und ähnliches Geschwodere."

"Von wenigen geschätzte Qualitäten"

Der "Ganze Woche"-Macher: "In Wirklichkeit führen solche und ähnliche laufende Förderungen, die ja mannigfaltig sind, dazu, dass Unternehmen, die Produkte erzeugen, die offensichtlich nicht genug Abnehmer finden, um nach Jahren oder Jahrzehnten auch wirtschaftlich auf eigenen Beinen zu stehen, künstlich zulasten der großen Mehrheit am Leben gehalten werden. Das wird dann meist mit angeblicher Qualität oder Vielfaltserhalt begründet. Offensichtlich sind das Qualitäten, die über lange Zeiträume von so wenigen geschätzt werden, dass diese Unternehmen jedes Jahr und immer mehr Förderhilfe fordern und offenbar brauchen, oder?"

"Noch verrückter, Erfolgreiche zu fördern"

Eines lässt Noah Falk aber noch mehr rätseln als Förderungen für Medien mit "wirtschaftlichen Bedürfnissen" (Falk): "Noch verrückter scheint mir, wenn Unternehmen, die offensichtlich wirtschaftlich seit Jahren erfolgreich sind und sich sogar damit brüsten, nennenswerte Gewinne zu erzielen, zusätzlich gefördert werden."

Wer Presseförderung und Corona-Förderung bekommt

Die reguläre Bundespresseförderung beträgt rund 8,9 Millionen Euro pro Jahr (Daten 2019):

  • Rund 3,9 Millionen Vertriebsförderung für alle Kauftageszeitungen und für Kaufwochenzeitungen. Rund 200.000 Euro gehen da etwa an die "Krone", an die "Kleine Zeitung" und die "Tiroler Tageszeitung", den STANDARD, rund 160.000 an die zweitgrößte Zeitung in einem Konzern wie den "Kurier", die "Presse" oder die "Neue Vorarlberger". Wochenzeitungen erhalten bis zu 87.000, bei mehreren Titeln in einem Gruppe wie der VGN ("TV-Media", "News", "Trend") sind die Förderungen nach Größe abgestuft.
  • 3,2 Millionen "besondere Förderung zur Erhaltung der regionalen Vielfalt" gehen an nicht marktführende Tageszeitungen – rund eine Million für die "Presse", rund 900.000 für den STANDARD, gut 670.000 für die "Neue Vorarlberger" und gut 660.000 für das "Oberösterreichische Volksblatt".
  • 1,6 Millionen gehen als "Qualitätsförderung" an Tages- und Wochenzeitungen für Leseförderungs-Exemplare, für Journalistenausbildung in- und außerhalb der Redaktionen und Korrespondenten.

Die Corona-Sondermedienförderung des Bundes für Zeitungen erhöht die reguläre Vertriebsförderung um das 1,5-Fache.

Der Großteil der Print-Sonderförderung geht an alle Tageszeitungen mit rund 12,7 Millionen.

Die höchste Print-Sonderförderung geht an die "Kronen Zeitung" mit rund 2,7 Millionen Sonderförderung; die zweithöchsten Förderungen, jeweils rund 1,8 Millionen, gehen an die Gratiszeitungen "Heute" und "Österreich".

Sonderförderung für Privatsender

Als Corona-Sonderförderung werden zudem 15 Millionen Euro zusätzlich an kommerzielle Privatsender ausgeschüttet (regulär: 20 Millionen Förderung jährlich) und zwei Millionen zusätzlich an nicht kommerzielle Privatsender (zu regulär drei Millionen jährlich).

Wie groß ist die "Ganze Woche"?

"Die ganze Woche" verkaufte im Jahresschnitt 2019 laut Österreichischer Auflagenkontrolle (ÖAK) gut 277.000 Exemplare für je 1,30 Euro im Einzelhandel. Auf Platz zwei unter den Wochentiteln in der ÖAK liegt "TV-Media" mit rund 149.000 Stück. Mit 9,8 Prozent Reichweite ist sie auch das größte Wochenmagazin laut Media-Analyse (2019), "TV-Media" kommt auf 7,9 Prozent Reichweite österreichweit beim Publikum ab 14 Jahren.

Noah Falks Vater Kurt Falk, Gründer der "Ganzen Woche", erhielt um 1990 für die Errichtung einer Druckerei in Wien 200 Millionen Schilling, umgerechnet rund 14,5 Millionen Euro, in der er seine Billigtageszeitung "Täglich alles" (1992 bis 2000) produzierte. Die Mediaprint erhielt damals rund 180 Millionen Schilling Förderung. (fid, 13.5.2020)