Das Männchen des Pfeilgiftfrosches Allobates femoralis ruft lautstark, um seinen Konkurrenten anzuzeigen: "Hier herrsche ich!"

Foto: Elena Haeler

Wien – Ein Angriff auf einen potenziellen Eindringling geht bekanntlich mit einem gewissen Risiko einher, dabei selbst schlecht auszusteigen. Bei Glanzschenkel-Baumsteigern, einer in tropischen Wäldern Südamerikas lebende Pfeilgiftfrosch-Art, ist das nicht anders. Doch wer Erfahrung hat, ist hier klar im Vorteil: Wiener Forscher konnten zeigen, dass den Männchen vor allem das Alter lehrt, wann sich eine Attacke auszahlt.

Beim Pfeilgiftfrosch mit dem wissenschaftlichen Namen Allobates femoralis handelt es sich um eine sehr territoriale Art, bei der Männchen dazu neigen, sich durch Rufe bemerkbar machende Eindringlinge aggressiv aus ihrem Territorium zu verjagen. In ihrer in der Fachzeitschrift "Biology Letters" der Royal Society erschienenen Arbeit gingen die Wissenschafter um Eva Ringler vom Messerli Forschungsinstitut der Veterinärmedizinischen Universität (Vetmed) Wien der Frage nach, was einen guten Revierverteidiger ausmacht.

Energie sparen und Verletzungen vermeiden

Das muss nämlich nicht unbedingt derjenige sein, der am schnellsten reagiert, so die Forscher. Vielmehr geht es darum, die begrenzten Energiereserven der kleinen Tiere nicht bei unnötigen Angriffen zu verbrennen, sondern sie in den richtigen Situationen einzusetzen. Je zielgenauer die Attacken gesetzt werden, desto geringer ist auch das Verletzungsrisiko, wenn sich die männlichen Pfeilgiftfrösche etwa in unnützen Scharmützeln mit anderen Tieren oder Weibchen der eigenen Art aufreiben. Die zentrale Frage der Studie war es, ob eine höhere Reaktions- und Annäherungsgeschwindigkeit der Tiere damit einhergeht, dass es bei den Angriffen an Genauigkeit mangelt – ob also die Attacken auch den richtigen Gegnern gelten.

Die Wissenschafter gingen diesem Kompromiss zwischen Geschwindigkeit und Genauigkeit nach, indem sie in der Brutzeit der Tiere männliche Frösche mit vermeintlichen Eindringlingen konfrontierten. Diese waren Attrappen von eigentlich nicht bedrohlichen Vertretern dieser Froschart, bei deren Auftritten im Revier jedoch der Ruf eines eigentlich bedrohlichen Gegners erklang.

Jüngere Frösche sind angriffslustiger

"Entgegen unserer Vorhersage bestimmten weder die Reaktionszeit noch die Annäherungsgeschwindigkeit der getesteten Frösche die Wahrscheinlichkeit fehlerhafter Angriffe auf das Modell. Jüngere Individuen griffen das nicht bedrohliche Froschmodell jedoch häufiger an als ältere", so Ringler. Die einleuchtendste Erklärung für die Forscher dafür ist, dass ältere und somit erfahrenere Tiere einfach besser zwischen nur vermeintlich und tatsächlich gefährlichen Widersachern, sowie zwischen Männchen und Weibchen zu unterscheiden gelernt haben.

Darüber hinaus fanden Ringler und ihre Kollegen heraus, dass die Frösche in ihrem Verhalten offenbar sehr wohl Rücksicht auf die allgemeine Gefährlichkeit von Auseinandersetzungen nehmen. Die Angriffsrate lag im Zeitraum der Beobachtung nämlich bei unter 20 Prozent, was auf das nicht unerhebliche allgemeine Risiko einer Attacke zurückzuführen sein dürfte. (red, APA, 17.5.2020)