Positiv-Beispiel von Kommunikationswissenschafterin Larissa Krainer für die Rückkehr zu kritischer Berichterstattung in Corona-Zeiten: Armin Wolf in der "ZiB 2".

Foto: ORF/Thomas Ramstorfer

Die Kommunikationswissenschafterin Larissa Krainer sieht die Medien nach "Verlautbarungen" der ersten Corona-Wochen eine "deutliche Entwicklung hin zu einem kritischeren Journalismus". Die außerordentliche Professorin an der Uni Klagenfurt verweist in einer Aussendung der Universität über ihre Beobachtungen als Beispiel auf kritische Fragen von "ZiB 2"-Anchor Armin Wolf zum "missglückten Ostererlass".

"Meiner Wahrnehmung nach hat man rund um diesen Zeitpunkt wieder begonnen, auch aus der Perspektive der Bürgerinnen und Bürger nachzufragen", bekundet Krainer.

Verlautbarung sei aber durchaus eine Aufgabe in Krisenzeiten, erklärt Krainer in der Aussendung der Uni Klagenfurt: "Während einer Krise wie dieser gehört es zur Rolle der Medien, Informationen aus den Regierungskreisen zu verlautbaren, weil das Allgemeinwohl von diesen Informationen abhängig war.

"Pflicht der Bürgerinnen und Bürger"

Auch der Bevölkerung misst Krainer in solchen Krisenzeiten eine Aufgabe zu: "Es gehört auch zu den Pflichten der Bürgerinnen und Bürger, in einer akut auftretenden Gefahrensituation wie etwa einem Erdbeben die Nachrichten der öffentlich-rechtlichen Sender aufzudrehen."

Medien hätten grundsätzlich "zwei Funktionen zu erfüllen: Einerseits müssen sie zentrale Informationen sorgfältig transportieren, andererseits aber auch hinterfragen, wie sinnvoll diese Informationen sind und wie sie auch einer kritischen Beobachtung standhalten können."

In einer so unsicheren Zeit der (drohenden) Pandemie und ihrer Bekämpfung liege es "in der Rolle der Medien, möglichst viele Perspektiven einzufangen und auch den wissenschaftlichen Klärungs- und Diskussionsprozess darzustellen. Problematisch finde ich, wenn man nur den einen hat, der vorgibt, die eine Wahrheit zu kennen."

Heilsversprechen und angebliche Schuldige in sozialen Medien

In sozialen Medien wie Facebook und Youtube könne sich in einer solchen Krise "leicht eine Gegenbewegung formieren, die Heilsversprechen propagiert oder die fatalen Auswirkungen des Virus leugnet. Dort werden häufig auch alle möglichen Schuldigen, von den Labors in China bis hin zu Bill Gates, gesucht. Es ist eine wichtige Funktion der Medien, diese Meinungsblasen wahrzunehmen und deren Thesen einzuordnen bzw. einem Faktencheck zu unterziehen. " Krainer findet: "Bei der Erfüllung dieses Auftrags sehe ich beim ORF noch Luft nach oben."

Der STANDARD und viele andere Medien widmen sich regelmäßig den gerade kursierenden Verschwörungstheorien, heute etwa hier (Hildmann, Naidoo, Sido: Wenn Promis zu Verschwörungstheoretikern werden).

Internationale Rechercheverbünde

Krainer verweist in ihrem Befund auf die wirtschaftlichen Schwierigkeiten der Medien bei einknickenden Werbeeinnahmen: "Es fehlen Gelder und häufig wird bei den Jungen gespart, die vielleicht eher dazu prädestiniert wären, die Stimmung in den Sozialen Medien wahrzunehmen und darauf basierend zu recherchieren. Für große, internationale Themen wird es vielleicht auch mehr Rechercheverbünde geben müssen, um Synergien zu nutzen."

Die Kommunikationswissenschafterin sieht in der Krise eine Chance für Wissenschaftskommunikation wegen steigenden öffentlichen Interesses: "Das wäre zumindest eine große Chance. Ich würde hoffen, dass Wissenschafter und Wissenschafterinnen derzeit mehr Kontakte mit Journalisten und Journalistinnen knüpfen und auch schnell lernen, wie man im Kontakt mit Medien kommuniziert. Wenn es uns gelingt, Forschende bekannt zu machen und entsprechende Tools an Wissenschafter und Wissenschafterinnen zu vermitteln, kann die Wissenschaftskommunikation auch längerfristig von der aktuellen Situation profitieren."

Die Kommunikationsabteilung der Uni Klagenfurt gestaltete die Presseaussendung in Form eines Frage/Antwort-Interviews.

Larissa Krainer schreibt auch für den STANDARD-Kommunikationswissenschafterblog "Ein Fall für die Wissenschaft". (fid, 13.5.2020)