Joan As Police Woman gibt sich auf ihrem Album "Cover Two" einer erlesenen Auswahl von Fremdwerken hin.

Das Original ist von einer Aufregung geprägt, die an Teenager erinnert, wenn diese unter der Bettdecke beidhändig ihr erstes Mal imaginieren. Das ist dann, wer kennt das nicht, schneller vorbei als gedacht. Während Prince sich durch seinen Schmuse- und Aber-hallo!-Klassiker Kiss kiekst, schlurft Joan Wasser mit der Nonchalance einer Diva durch den Song. Sie mag nicht die Körpergröße einer Marlene Dietrich besitzen, ihre Klasse hat sie allemal. Und sie ist noch mit dem Grind des alten New York vertraut, kennt die Spelunken der Freaks, die Dunkelkammern der gesellschaftlichen Randgruppen mit all ihren exzentrischen und verbotenen Vorlieben.

Mit einer Coverversion von Kiss eröffnet Joan Wasser unter ihrem Nom de Guerre Joan As Police Woman ihr neues Album.

Dieses heißt lapidar Cover Two und ist genau das. Das zweite Werk mit Coverversionen der Dame aus New York. Das erste erschien 2009 nur im Eigenverlag und bezirzte die Neigungsgruppe mit Versionen von Songs von Jimi Hendrix, Britney Spears, Public Enemy, Iggy Pop oder der Nina Simone.

Rotes Latex

Auf dem Cover war ein von zwei Händen innig empfangener nackter Arsch zu sehen. Weil das Abbild eines solchen zur Verbreitung in gerne menschenfeindlichen, die Prüderie aber doch hochhaltenden Internetzwerken nur schwer möglich ist, wurde die dieses Mal abgebildete Rückseite züchtig, aber vielverspechend in rotes Latex verpackt. Klartext folgt dann über die Musik. Nachdem Joan den Kiss genossen hat, kommt Spread. Ein Stück Brunft gewordener Rap von Outkast, den Wasser in einen lüsternen Schleicher überführt, der nicht Gefahr läuft, dass darin nur einer den Höhepunkt erreicht.

Joan As Police Woman - Topic

Die Auswahl der Lieder ist erlesen und mutig. Wasser liegt wenig daran, von ihr geliebte Songs brav nachzustellen, sie drückt ihnen ihre Lippen auf, wickelt sie um den Finger, schleift sie ins Schlafzimmer oder verräumt sie in intime Winkel.

Die Stimmung ist horny

Das Tempo dieser einfühlsamen Nötigungen ist meist zurückhaltend, die Stimmung eher horny. Sie covert die Strokes (Under Control) und scheitert mit Grandezza an Life’s What You Make It von Talk Talk. Der Song ist nicht besser zu machen, doch der Versuch allein sendet hier bereits die Nachricht aus, auch das zählt.

Joan As Police Woman - Topic

Den Herzausreißer Out of Time borgt sie bei Blur, das introvertierte On The Beach bei Neil Young. Das sind waghalsige Vorlagen, Wasser aber, verwegen unterwegs, erblasst nicht vor Ehrfurcht, sondern schmeichelt sich offenherzig ein, erweist Respekt, aber nimmt sich die Songs dann doch zur Brust.

Fast durchgängig kommt am Ende Erstaunliches dabei heraus. Dabei genügt ihr als Mittel stellenweise allein das Klavier, um sich so ein Lied anzueignen. Da mag die Fallhöhe der Originale noch so beeindrucken, die Resultate von Joan As Police Woman tun das mindestens genauso. (Karl Fluch, 14.5.2020)