Grenzüberschreitender Verkehr wird schon sehr bald wieder möglich sein.

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Die Nachricht, auf die so viele sehnsüchtig gewartet haben, verkündet der deutsche Innenminister Horst Seehofer (CSU) am Mittwoch kurz nach 11.30 Uhr. "Ich kann Ihnen mitteilen, dass ich das Kabinett heute informiert habe, die Grenzkontrollen zu Frankreich, der Schweiz und Österreich ab 16. Mai bis 15. Juni zu verlängern", beginnt er, um dann sofort nachzuschieben: "Wir verbinden dies mit der klaren Zielsetzung, dann Mitte Juni freien Reiseverkehr anzustreben."

Ab dem 16. Juni also soll es so weit sein: Die Grenzen zwischen Deutschland und Österreich öffnen wieder, auch deutsche Touristen sind dann hierzulande willkommen. "Ich bin im Moment guter Dinge", sagt Seehofer. Natürlich möchte er bei der Überbringung der guten Nachrichten kein Spielverderber sein, aber eine Mahnung muss er schon noch aussprechen: Der freie Verkehr könne natürlich nur dann möglich sein, wenn "es beim Infektionsgeschehen, mit der Disziplin, der Hygiene und den Abstandsregelungen so weiterläuft". Und er fügt noch hinzu: "In solchen Sachen kann sich in zwei, drei Wochen viel ändern."

Auch als Podcast: Alles zu den geplanten Grenzöffnungen.

Viele Gespräche

In den vergangenen Tagen wurde viel telefoniert zwischen Berlin und Wien – ebenso zwischen Deutschland, Frankreich, Luxemburg und der Schweiz. Mit diesen Ländern nämlich will Seehofer analog zum Vorgehen mit Österreich verfahren. Diese fünf sind die Vorreiter in Europas Mitte, auch die Übergänge zwischen der Schweiz und Österreich sind ab 16. Juni wieder möglich.

Erste Erleichterungen werden Reisende, die über die deutsch-österreichische Grenze wollen, aber schon ab diesem Wochenende verspüren. An Übergängen, so Seehofer, werden nicht mehr – wie bisher – systematische, sondern nur noch stichprobenartige Kontrollen stattfinden. Zudem sind wieder alle Grenzübergänge offen.In den nächsten vier Wochen soll auch der Kreis derer, die passieren dürfen, ausgeweitet werden.

Derzeit gelten Ausnahmen von der 14-tägigen Quarantäneregelung für Pendler, den Güterverkehr und wenn jemand triftige familiäre Gründe vorweist. Erfreut über die Öffnung Mitte Juni zeigt sich Tirols Landeshauptmann Günther Platter (ÖVP): "Das ist die größte Unterstützung für den Tourismus in Tirol. Nun ist Planbarkeit gegeben."

Empfehlungen der EU-Kommission

In Brüssel traten gleich fünf in Fragen der Grenzöffnungen involvierte EU-Kommissare an die Mikrofone, um ihre Leitlinien dazu zu erläutern. Vizepräsidentin Margrethe Vestager (Wettbewerb) strich die wirtschaftliche Bedeutung des Tourismus für einzelne Staaten hervor, weshalb man "die spezielle Sommersaison" retten wolle. Allein im Juli und August beträgt der Umsatz 150 Milliarden Euro EU-weit. Für Kroatien, Spanien, Griechenland gehe es um einen großen Anteil an der Volkswirtschaft.

Brüssel unterstützt alle Bemühungen von Mitgliedsstaaten, den Schengenraum wiederherzustellen. Sie selber könne nur als Koordinator auftreten, will eine Plattform bieten, auf der die Bürger alle relevanten Reiseinformationen abrufen können.

Die EU-Staaten entscheiden

Entscheiden müssten nun aber die Regierungen der Staaten, erklärte Innenkommissarin Ylva Johansson, die Sicherheit und Gesundheit der Bürger müsse allererste Priorität haben, "soziale Distanzierung" gewährleistet werden, um eine Ausbreitung des Virus zu verhindern. Daher sei ein Vorgehen Schritt für Schritt empfohlen. Freies Reisen soll nur dort passieren, wo die Infektionslage im Griff ist, das Gesundheitssystem garantiert, sichere An- und Abreise gewährleistet wird.

Dazu müssten sich die Staaten intensiv austauschen, Reisekonditionen abstimmen, sodass etwa Sicherheitsabstände in Hotels, am Strand, in Museen, aber auch in Flugzeugen, Bussen und Zügen eingehalten werden können. Reisende müssten angeleitet werden.

Auf chinesische Touristen wird Hallstatt in Oberösterreich noch länger warten müssen. Aber die deutschen Gäste dürfen – wenn die Infektionszahlen niedrig bleiben – ab Mitte Juni wieder kommen.
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Wenn Staaten die Grenzen bei vergleichbarer Lage des Corona-Risikos öffnen, muss das so geschehen, dass es nicht zu Diskriminierungen wegen der Staatsangehörigkeit kommt, sagte Vestager. Das gilt vor allem auch für Menschen in Grenzregionen, die im Ausland arbeiten oder wohnen. Beschränkungen seien nur erlaubt, wenn dies aus gesundheitlichen Gründen regional angezeigt ist.

Die Lage ist sehr unterschiedlich. So will Spanien seine Grenzen erst im Juli öffnen. Irland führt gerade eine Quarantänepflicht nach der Einreise ein. Italien warnte am späten Mittwochabend vor Abkommen zwischen einzelnen EU-Ländern zur Schaffung von Touismus-Korridoren. "Wir werden keine bilaterale Abkommen zulassen, die in Europa bevorzugte Korridore für Touristen schaffen. Das würde die Zerstörung des gemeinsamen EU-Markts bedeuten", warnte Premier Giuseppe Conte bei einer Pressekonferenz in Rom. Italien wolle die EU zu einheitlichen Schutz- und Gesundheitsstandards für den Tourismus aufrufen. (Birgit Baumann aus Berlin, Thomas Mayer aus Brüssel, red, 13.5.2020)