Die EU-Kommission befasst nun den EuGH mit der heimischen Familienbeihilfe-Indexierung.

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In dem seit mehr als einem Jahr andauernden Streit um eine von der türkis-blauen Bundesregierung 2019 fixierte Indexierung der Familienbeihilfe für EU-Bürger aus Osteuropa gab es am Donnerstag in Brüssel eine wichtige Entscheidung: "Die Europäische Kommission hat heute beschlossen, Österreich beim Gerichtshof der Europäischen Union zu verklagen", heißt es gleich im ersten Satz einer Mitteilung der EU-Zentralbehörde.

EU-Kommission sieht Diskriminierung

Indem Österreich Familienleistungen an das niedrigere Niveau von (vor allem) Pflegerinnen aus Osteuropa nach unten anpasst, handle es diskriminierend. Das gelte für "Familienleistungen, Kinderabsetzbeträge und andere Steuervorteile für Familien" in gleicher Weise. Das sei "nach EU-Recht nicht zulässig", heißt es in dem Dokument, das dem STANDARD vorliegt.

Konkret geht es um EU-Bürger, die in Österreich regulär arbeiten und leben, deren Kinder aber im Herkunftsland leben. Nach Auffassung der Kommission verstößt die Praxis konkret gegen die EU-Regeln zu Arbeitnehmerfreizügigkeit und "gegen die Koordinierung der Systeme der sozialen Sicherheit".

Eindeutige Meinung

Der Beschluss lässt an Eindeutigkeit nichts zu wünschen übrig. So weist die Kommission darauf hin, dass die Regelungen österreichische Staatsbürger, die im Ausland für eine österreichische Behörde arbeiten, deren Kinder aber in Österreich leben, privilegiert: Deren Familienförderung werde nicht entsprechend reduziert wie bei EU-Bürgern, "die in Österreich in vollem Umfang zu Wirtschaft, Erwerbstätigkeit und Sozialversicherung beitragen".

Die Klage beim EuGH in Luxemburg ist der nächste logische Schritte eines Vertragsverletzungsverfahrens seit 1. Jänner 2019, nachdem sich die ÖVP-FPÖ-Regierung, aber auch die Regierung unter Kanzlerin Brigitte Bierlein den Aufforderungen der Kommission, die Sachlage zu ändern, widersetzt und die Indexierung verteidigt hatten. Wien habe die Bedenken der Kommission nicht ausräumen können, heißt es.

Nun müssen die Höchstrichter entscheiden. Eine Verurteilung der Republik gilt in EU-Kreisen als wahrscheinlich, weil der EuGH bei einer Verletzung der vier Grundfreiheiten der Union, wie der Arbeitsnehmerfreizügigkeit, besonders streng ist. (Thomas Mayer aus Brüssel, 14.5.2020)