Symbolbild: Ein ethnisch gemischtes Paar steht vor seinem Haus, dessen Garagentor von Unbekannten mit einer rassistischen Beschimpfung beschmiert wurde.

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Allison (Name geändert) und ihr Partner machen kein Geheimnis aus ihrer Liebesbeziehung. Sie, eine weiße Amerikanerin, und er, ein Afroamerikaner, veröffentlichen gemeinsame Fotos auf Instagram und sind stolz darauf, ein "interracial couple", also ein ethnisch gemischtes Paar, zu sein. Dass sich unter die Kommentare unter den Bildern gelegentlich rassistische Bemerkungen mischen, ist für sie nicht neu.

Doch seit Mai nahmen Beschimpfungen und seltsame Bemerkungen plötzlich drastisch zu, berichtet "Vice". Woher der plötzliche Schwall an Hass kam, konnten sie sich nicht erklären. Bis eine Unbekannte Allison schließlich über eine von "White Supremacists" betriebene Website informierte.

Datenbank listet "Verräterinnen"

Anhänger der White-Supremacy-Bewegung ("Weiße Rassisten") sind von der Überlegenheit der "weißen Rasse" überzeugt. Sie vertreten häufig die Ansicht, dass Menschen anderer Hautfarbe in "ihre" Länder gehen sollten und Regionen wie die USA und Europa ausschließlich weißen Personen vorbehalten sein sollten. Postuliert wird auch die Meinung, dass Menschen anderer Hautfarbe weniger Rechte zugestanden werden sollten, wie es in den USA etwa zur Zeiten der Sklaverei und "Rassentrennung" üblich war. Die Überlegenheitsthese wird mitunter auch als Rechtfertigung für Gewaltakte herangezogen, die man zur "Notwehr" gegen die "Durchmischung" umdeutet.

Ihnen sind Beziehungen, wie sie Allison führt, ein Dorn im Auge. Allison fand sich in einer Datenbank wieder, in der "weiße Frauen mit Interesse an schwarzen Männern" als "Verräterinnen" an den Pranger gestellt werden. Zu finden sind dort Fotos, Namen und ihre Social-Media-Accounts.

Mit allerlei Disclaimern versuchen die Betreiber offenbar, sich rechtlich unangreifbar zu machen. Eine Spalte in der Datenbank nennt sich "Toll paid" (sinngemäß: "hat die Rechnung bekommen") und zählt auf, wenn einer eingetragenen Person etwas zugestoßen ist. Das, so heißt es auf der Seite, soll sich freilich nur auf Gewaltakte seitens des nicht-weißen Partners beziehen. Man rufe ausdrücklich nicht zu Gewalt auf.

Betroffene plötzlich mit vielen Hasspostings konfrontiert

Die Folge eines Eintrags ist allerdings verbale Gewalt in Form von Beschimpfungen und Drohungen. "Ich kann gar nicht mehr darauf warten, bis du die Rechnung präsentiert bekommst, wenn er dich schlägt", stand etwa in einem Kommentar unter einem Foto von Allison. Oder auch: "Eines Tages wird er deinen Kopf in den Boden rammen."

Für manche der Betroffenen ist es nicht neu, vermehrt mit dieser Art von Hass konfrontiert zu werden, da sie ohnehin bekannte Internetpersönlichkeiten sind. Viele Einträge betreffen aber Frauen, die keiner größeren Öffentlichkeit bekannt sind und bislang auch keine Erfahrung mit Hasskampagnen haben. In der rechtsextremen Szene scheint die Seite bereits einige Bekanntheit zu genießen, der Link ist bereits auf Neonazi-Discord-Servern und in einschlägigen Telegram-Gruppen kursiert.

Seite liegt bei russischem Hostinganbieter

Ursprünglich ging das Portal im April im Netz, war dann aber temporär offline, da sein Hosting-Provider es nicht mehr beheimaten wollte. Mittlerweile liegt es bei R01, einem der größten Anbieter in Russland. Dort dürfte es auch länger bleiben, denn das Unternehmen hat gegenüber "Vice" erklärt, dass man den Kunden so lange bedienen werde, bis man entweder per Gerichtsbeschluss zur Einstellung verpflichtet werde oder die Strafverfolgungsbehörden anklopfen.

Die Identität der Betreiber wird wiederum durch Cloudflare geschützt, das als Content Delivery Network die Zugriffe auf die Seite auf technischer Ebene managt. Dort sieht man sich nicht für die "Moderation von Inhalten" zuständig, auch wenn man in der Vergangenheit auf öffentlichen Druck hin bereits Ausnahmen gemacht und etwa das Neonazi-Medium "Daily Stormer" oder das umstrittene Imageboard 8chan von den eigenen Diensten ausgeschlossen hat.

Australische Behörden ermitteln

Sollten die Betreiber aber einmal ausfindig gemacht werden, könnten ihnen selbst all die Disclaimer auf der Seite nicht viel bringen, meint der ehemalige US-Bundesermittler Subodh Chandra. Sollte jemand in Zusammenhang mit ihren Aktivitäten massiv belästigt oder gar verletzt werden, seien Haftungsansprüche denkbar.

Allison selbst findet die Hasspostings zwar sehr unangenehm, befürchtet derzeit aber keine schlimmeren Vorfälle. Bislang hat sie sich wegen der Website noch nicht an die Behörden gewandt. In Australien wird gegen das Portal allerdings bereits ermittelt, nachdem eine Jugendliche aus Melbourne belästigt wurde und herausgefunden hatte, dass sie jemand in die Datenbank der Rechtsextremen eingetragen hatte. (red, 15.5.2020)