Zimmer frei. Aber unter welchen Auflagen? Die Spielregeln für die heimischen Hotels sind noch in Arbeit. In der Branche wird man ungeduldig.

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In rund zwei Wochen – pünktlich zu Pfingsten – dürfen heimische Beherbergungsbetriebe wieder Gäste empfangen. Doch fehlende Richtlinien bereiten Hoteliers, Reisebüros und Gästen gleichermaßen Kopfzerbrechen.

In der Branche kann man die Unsicherheit förmlich riechen. Wer sich unter Interessenvertretern umhört, merkt bald: Die Lobbys werden kaum eingebunden, wenn es darum geht, Auflagen zu definieren. Auch über die Inhalte des geplanten Hilfspakets wisse man noch nichts. Aus informierten Kreisen ist jedenfalls zu hören, dass die Auflagen für die Wiederöffnung gerade in Ausarbeitung seien und demnächst präsentiert werden sollen. Dem Vernehmen nach sollen die Richtlinien recht vage gehalten werden, man setze auf Eigenverantwortung, etwa bei der Gewährleistung von Hygienebestimmungen.

Bisschen Erleichterung

Für etwas Erleichterung sorgt die geplante Grenzöffnung für Touristen aus Deutschland und der Schweiz mit 15. Juni – sowohl bei heimischen Hotels als auch bei Reisebüros. Auch wenn es für Länder wie Italien noch keine ähnliche Perspektive gebe, wie Kanzler Sebastian Kurz (ÖVP) betonte.

Zahlreiche ausländische Urlauber hatten ihren Aufenthalt in Österreich schon vor der Corona-Krise gebucht. Vieles spricht dafür, dass mit den Deutschen die für den heimischen Tourismus wichtigste Gästegruppe anreisen darf.

Reiselust ist da

Aber auch die Österreicher seien reiselustig, betont Josef Peterleithner, Präsident des Österreichischen Reiseverbands (ÖRV). Viele Menschen hätten bereits vor Ausbruch der Krise eine Reise gebucht. Einige Aufenthalte wurden storniert, andere Gäste wollen noch abwarten. Aber selbst wenn Österreich die Grenzen wieder öffnet, sei unklar, an welche Vorschriften sich Reisende vor Ort zu halten haben.

Reisebüros seien wegen der langen Vorlaufzeit und der vorherrschenden Unsicherheit jedenfalls besonders stark von der Krise getroffen, sagt Peterleithner. Die Branche fordert daher eine Verlängerung der Kurzarbeit auf bis zu neun Monate.

Skepsis bei Reisebüros

Wann grenzenloser Tourismus zurückkehrt, ist offen. Dass Fernreisen vor Herbst wieder möglich seinen, glaubt Gabriela Tomaschko, die mit ihrem Mann Dietmar in Wien das Reisestudio Ikarus betreibt, nicht. Man habe aber "reisewillige" Kunden, die ihre für August geplanten Trips noch nicht storniert haben, sagt sie über die Lage.

Bis jetzt seien dem Wiener Reisestudio 60 bis 70 Prozent des Jahresumsatzes weggebrochen, nachholen könne man nichts: "Dieser Umsatz ist weg, Reisen sind verderbliche Waren", sagt Tomaschko. Seit März habe keine einzige Reise mehr stattgefunden – und jene nach China oder Südkorea, wo das Virus zuerst ausgebrochen war, seien schon vorher storniert worden.

Ein Teil der Kunden habe aufs nächste Jahr umgebucht, andere, vor allem Stammkunden, haben ihre Anzahlungen quasi stehengelassen – für die nächste Reise. Die Folgen der Corona-Krise seien für die Branche eine Katastrophe, aber, so die Touristikerin: "Wir kämpfen auf diesem Markt seit 36 Jahren, und wir kämpfen weiter."

Ganze Branche im Blindflug

Ob Reisebüros oder Hotels: Die Branche ist im Blindflug. "Von der geplanten Grenzöffnung zu Deutschland haben wird zwei Tage vorher erfahren", sagt ein Vertreter der Hotellerievereinigung (ÖHV): "Bei der Quelle konnten wir uns aber auch nicht sicher sein, ob es sich dabei um Wissen oder Mutmaßung handelt."

Man bekomme kaum Informationen vonseiten der Regierung. Allein: Wann Reisen wie zur Zeit vor Corona wieder möglich sein werden, liege nicht bloß im Ermessen der österreichischen Regierung – Europa spricht womöglich mit.

Italien gegen Absprachen

Italiens Premier Giuseppe Conte etwa stießen die Absprachen zwischen Österreich und Deutschland sauer auf. "Wir werden keine bilateralen Abkommen zulassen, die in Europa bevorzugte Korridore für Touristen schaffen. Das würde die Zerstörung des gemeinsamen EU-Markts bedeuten", warnte Conte bei einer Pressekonferenz am Mittwochabend in Rom.

Er habe darüber mit EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen gesprochen. Die deutsche Kanzlerin Angela Merkel ist gegen Kontrollen im Schengenraum nach Mitte Juni – wenn die Infektionszahlen stimmen.

Einbruch bei Nächtigungen

Dass die Corona-Krise dem Tourismus ordentlich zu schaffen macht, verdeutlicht auch eine von der Wirtschaftskammer beauftragte Studie. Die Autoren der Prodinger Tourismusberatung haben mehrere Szenarien errechnet, wie sich Restriktionen und die maue Reisefreudigkeit auf die Sommersaison in Österreich auswirken könnten. Im "besten" Fall dürfte es einen Nächtigungsrückgang von 49, im schlechtesten Fall von 66 Prozent geben.

Hotellerievereinigung und Reiseverband fordern indes zumindest da Klarheit, wo die Politik sie geben kann: Die Regeln für die Wiederöffnung der Beherbergungsbetriebe sollten bald stehen, fordern die Lobbys unisono. Das würde zumindest etwas Planbarkeit schaffen.

Ein bisschen Klarheit

Positiv sieht man bei der Hoteliers-Lobby, dass nun wenigstens Klarheit bezüglich der Regeln in Bädern herrscht (DER STANDARD berichtet hier). Aber man müsse auch irgendwann wissen, ob man etwa die Rezeption mit Plexiglas schützen muss – und so weiter. Vieles könne man nicht einfach von heute auf morgen umstellen.

Erfreulich sei außerdem, dass endlich klar sei, welche Voraussetzungen Unternehmen für Fixkostenzuschüsse erfüllen müssen. Allerdgings müsse man nachbessern, fordert die ÖHV. Denn viele Beherbergungsbetriebe würden diese mangels Eigenkapital nicht erfüllen. (Nora Laufer, Renate Graber, Aloysius Widmann, 15.5.2020)